Die Flüchtlingskrise droht Griechenland ins Chaos zu stürzen: Die Notaufnahmelager sind überfüllt, Tausende schlafen unter freiem Himmel, es fehlt an Lebensmitteln und Medizin – und immer mehr Schutzsuchende kommen über die Ägäis.
Etwa 25 000 Flüchtlinge und Migranten sitzen bereits in Griechenland fest, nachdem die Balkanstaaten ihre Grenzen weitgehend dichtgemacht haben. Bei Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze harrten am Sonntag etwa 6500 Menschen aus. Mazedonien öffnet die mit Zäunen und Stacheldrahtverhauen gesicherte Grenze nur stundenweise und lässt pro Tag etwa 300 Flüchtlinge nach Norden weiterreisen, sofern sie gültige syrische oder irakische Pässe haben. Alle anderen werden abgewiesen.
Proteste gegen Grenzschließung
Aus Protest gegen die Schließung der Grenze besetzten Hunderte Flüchtlinge am Sonntag die Eisenbahnstrecke, die bei Idomeni von Griechenland nach Mazedonien und weiter nach Ungarn und Österreich führt. Manche hielten Pappschilder in die Höhe. „Open the border“ – „Öffnet die Grenze“, stand mit Filzstift darauf geschrieben. Auf dem Hafengelände von Piräus warteten derweil etwa 3000 Menschen auf Möglichkeiten, Richtung Norden reisen zu können.
Auf den Ägäisinseln saßen weitere 8000 Flüchtlinge fest. Sie sollen zunächst dort bleiben, da die Notaufnahmelager auf dem Festland bereits völlig überfüllt sind. Der Zustrom reißt nicht ab: Am Sonntag trafen nach griechischen Medienberichten weitere 3000 Menschen mit Schlauchbooten aus der Türkei auf den Inseln ein.
Die Versorgung der Menschen wird zunehmend schwierig. Es fehlt an Lebensmitteln, Wasser, Medikamenten, Toiletten und Waschgelegenheiten. Weil es keine Schlafplätze mehr gibt, campierten Hunderte Flüchtlinge in den Athener Küstenvororten Ellinikon und Agios Kosmas im Freien, darunter viele Familien mit alten Menschen und kleinen Kindern. Der für die Migrationspolitik zustände Vize-Innenminister Ioannis Mouzalas rechnet damit, dass bis Ende März etwa 50 000 bis 70 000 Flüchtlinge in Griechenland festsitzen werden. Das Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR erwartet bis zum Sommer sogar 200 000 Ankömmlinge. Wo diese Menschen untergebracht und versorgt werden können, ist bisher völlig unklar. Vizeminister Mouzalas sagt am Sonntag, man arbeite im ganzen Land daran, weitere Aufnahmemöglichkeiten zu schaffen.
Mouzalas wies im griechischen Sender „Mega TV“ den Vorwurf zurück, Griechenland sichere seine Grenzen nicht ausreichend: „Wir haben keine Grenzen geöffnet. Wir lassen einfach keine Menschen im Meer ertrinken. Diese Menschen kämen nicht, wenn die mitteleuropäischen Länder sie nicht eingeladen hätten – man erinnere sich nur an die Willkommensbotschaften aus Deutschland.“