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BRÜSSEL/ATHEN
Griechenland übernimmt die EU-Ratspräsidentschaft und steht vor altbekannten Aufgaben
Noch rasch aufwischen: Der Eingang der Athener Konzerthalle vor Beginn des EU-Treffens.
Foto: AFP | Noch rasch aufwischen: Der Eingang der Athener Konzerthalle vor Beginn des EU-Treffens.
Evangelischer Pressedienst
 |  aktualisiert: 08.01.2014 20:10 Uhr

Viel Brüsseler Prominenz gab sich am Mittwoch ein Stelldichein in Athen, um den Auftakt der griechischen Ratspräsidentschaft zu feiern. Herman Van Rompuy, der Präsident des Europäischen Rates, war ebenso gekommen wie Kommissionschef José Manuel Barroso mit seinem gesamten Kollegium.

Dass der griechische Oppositionsführer Alexis Tsipras nicht an dem Festakt in der Athener Konzerthalle teilnahm, aus Protest gegen die sozialen Härten der EU-Krisenpolitik, wie es hieß, konnte Ministerpräsident Antonis Samaras verschmerzen. Tatsächlich war das Fernbleiben des radikal-linken Tsipras, der sich als Kandidat der europäischen Linksparteien um das Amt des EU-Kommissionschefs bewerben will, wohl eher ein politisches Eigentor.

Wachstum, Beschäftigung, Migration: Das werden Schwerpunkte der griechischen Präsidentschaft sein. Es sind Themen, die den Griechen besonders auf den Nägeln brennen, aber nicht nur ihnen. „Wir werden keine griechische, sondern eine europäische Ratspräsidentschaft machen“, versichert Vize-Außenminister Dimitris Kourkoulas.

Der griechische Ministerpräsident Andonis Samaras strotzte vor Selbstbewusstsein. „Wir sind auf einem guten Weg“, betonte er. „Griechenland wird wieder auf eigenen Beinen stehen. Und wir wollen unter unserer Präsidentschaft die Eurozone stabilisieren und vertiefen.“ Auch Barroso zeigte sich überzeugt, dass Griechenland wieder ohne Hilfe auskommen könne. „Das zeigt, dass unsere Hilfssysteme wirken.“

Der Ton hat sich verändert. Seitdem die Athener Führung am Jahresanfang den Ratsvorsitz übernommen hat, tritt die Regierungsmannschaft mit neuem Selbstvertrauen auf. Erst war es Wirtschaftsminister Konstantinos Chatzidakis, der für Ende 2014 die Rückkehr Athens an die Märkte ausgab.

Dann forderte Außenminister Evangelos Venizelos unverhohlen von den Europartnern mehr Geld, um das Land wieder auf die Beine zu bringen. „Sollten sich unsere institutionellen Partner bürokratisch und obsessiv verhalten, bin ich nicht in der Lage, die Reaktionen der griechischen Gesellschaft vorherzusagen“, drohte er mit einem Regierungswechsel zugunsten „antieuropäischer Kräfte von links und rechts“. Tatsächlich gibt es Indizien dafür, dass Athen den Absturz in diesem Jahr stoppen kann. Nach einem weiteren Konjunktureinbruch von rund vier Prozent in 2013 soll es in den kommenden zwölf Monaten erstmals seit 2008 wieder leicht nach oben gehen – um rund 1,6 Prozent (ohne Zinsen). Die Nachfrage nach griechischen Staatsanleihen auf den Kapitalmärkten wächst sprunghaft, auch wenn Anlageberater weiter vor massiven Unsicherheiten warnen.

Trotzdem konnte, wer Anfang 2013 ein Papier aus Athen kaufte, im vergangenen Jahr Gewinne von bis zu 47 Prozent einstreichen. Die Arbeitslosigkeit soll einem Plan der Regierung Samaras zufolge 2014 um ein Prozent zurückgehen – auf dann immer noch dramatische 24,5 Prozent.

Und außerdem konnte Griechenland ein Jahr früher als geplant einen sogenannten Primärüberschuss erwirtschaften: Man nahm also mehr ein als man ausgab, und konnte auch die Zinsen begleichen. Das Plus betrug zwischen 100 und 200 Millionen Euro. Genaue Zahlen stehen erst im November fest. In diesem Jahr steigt dieser Überschuss angeblich sogar auf drei Milliarden Euro.

In Brüssel vermag man solche optimistischen Botschaften noch nicht zu glauben. „Ich kann nicht behaupten, dass wir mit dem Haushalt einverstanden wären“, kommentierte ein Sprecher von Währungskommissar Olli Rehn die Daten der Hellenen. Und auch andere Experten zeigen sich skeptisch. Schließlich muss die griechische Regierung derzeit noch immer fast acht Prozent Zinsen für eine neunjährige Staatsanleihe bieten, damit die überhaupt angenommen wird.

Gutachten der Athener Gewerkschaften sagen voraus, dass 2015 die staatlichen Versicherungen zusammenbrechen könnten, so dass keine Renten mehr ausbezahlt werden könnten. Noch immer drückt eine gewaltige Schuldenlast von 175 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung auf das Land. Allein 2013 mussten elf Milliarden Euro an Zinszahlungen bedient werden.

 
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