Der konservative Parteichef und Eurobefürworter Antonis Samaras will nach dem Wahlsieg seiner Nea Dimokratia (ND) bei der Parlamentswahl in Griechenland schnell eine „Regierung der nationalen Rettung“ bilden, um das Land aus der Krise zu führen. „Die Griechen haben am Sonntag die europäische Perspektive und den Euro gewählt“, sagte Samaras in Athen. Er sei bereit, mit allen Kräften zusammenzuarbeiten, die sich zu Europa bekennen, kündigte der ND-Vorsitzende an.
Nach offiziellen Hochrechnungen kam die ND bei der Wahl auf 29,5 Prozent der Stimmen und 128 der 300 Sitze im neuen Parlament. Als Koalitionspartner für Samaras käme die sozialistische Pasok in Frage, die als drittstärkste Partei auf rund zwölf Prozent sowie 33 Sitze kam. Pasok-Chef Evangelos Venizelos schlug am Wahlabend die Bildung einer „Regierung der nationalen Einheit“ vor, an der sich auch das Linksbündnis Syriza beteiligen solle.
Syriza-Chef Alexis Tsipras, dessen Partei mit 27,1 Prozent und 72 Mandaten als zweitstärkste Kraft aus der Wahl hervorging, lehnte aber noch in der Wahlnacht eine Regierungsbeteiligung ab. Tsipras gratulierte Samaras telefonisch zum Wahlsieg und räumte die Niederlage seiner Partei ein. Vor der Presse kündigte der Syriza-Chef eine „verantwortungsvolle und kämpferische Opposition“ an: „Am Montag beginnt der Kampf“, sagte Tsipras.
Im nächsten Parlament wird auch die Neonazi-Partei Goldene Morgenröte vertreten sein. Sie erreichte, wie schon bei der Wahl von Anfang Mai, einen Stimmenanteil von knapp sieben Prozent, wird aber von keiner der anderen Parteien als Koalitionspartner akzeptiert.
Die konservative ND will zwar grundsätzlich am Spar- und Reform festhalten, mit der EU und dem IWF aber über eine zeitliche Streckung der Konsolidierungsvorgaben und konjunkturfördernde Maßnahmen für die griechische Wirtschaft verhandeln, die in der tiefsten und längsten Rezession seit Kriegsende steckt. Außenminister Guido Westerwelle signalisierte am Sonntagabend bereits die Bereitschaft, den Griechen mehr Zeit für die Umsetzung der Sparauflagen zu geben. Ähnlich hatte sich zuvor Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker geäußert. Als Voraussetzung gilt aber die Bildung einer pro-europäischen Regierung in Athen.
Das Linksbündnis Syriza hatte angekündigt, die Kreditverträge mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) einseitig aufzukündigen, den Schuldendienst einzustellen und die meisten in den vergangenen zwei Jahren beschlossenen Reformen zurückzudrehen. Das hätte praktisch den Bruch mit der EU und die Einstellung der Hilfszahlungen bedeutet. Griechenland wäre wahrscheinlich schon im Sommer mit der Staatspleite konfrontiert.
Und so geht es jetzt weiter: Sobald das offizielle Wahlergebnis feststeht, wird Staatspräsident Karolos Papoulias den Führer der stärksten Partei, also mutmaßlich ND-Chef Antonis Samaras, zu sich bitten und ihm einen Sondierungsauftrag zur Bildung einer Regierung erteilen. Das könnte noch am Montag geschehen. Dieses Mandat gilt für 72 Stunden. Hat Samaras bei seinen Koalitionsverhandlungen binnen dieser Frist keinen Erfolg, geht das Mandat an den Führer der zweitstärksten Partei, danach gegebenenfalls an den der drittstärksten Kraft über. So war es im Mai, als es keinem der drei Parteichefs gelang, eine Mehrheit für eine Regierung zusammenzubekommen.