Ferraris aus Forschungsgeldern für griechische Unis, ein schlecht ausgelastetes Hotel an der Ostsee für 100 Millionen. Das sind einige Beispiele für erfolglose EU-Förderung. Die CDU-Politikerin Inge Gräßle aus Heidenheim an der Brenz ist Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses im EU-Parlament und hat viele Projekte in verschiedenen Ländern besucht. Sie schlägt eine Reform vor, die den Steuerzahler entlastet.
Inge Gräßle: Griechenland ist das fatalste Beispiel für erfolglose EU-Subventionen. Die EU hat sogar eine Task Force entsandt, sie soll auch die von ihr finanzierten Projekte überwachen und managen. Etwa 50 EU-Projekte mit einer Fördersumme von insgesamt 5,6 Milliarden Euro sind problematisch und könnten scheitern. Wenn ein Projekt scheitert, also zum Beispiel die geplante Straße nicht fertig wird, muss das Empfängerland die Förderung zurückzahlen.
Gräßle: Es war eine Kette von Nicht-Handeln der Akteure. Griechenland hat sich darauf eingerichtet, die EU-Gelder zu bekommen, ohne Reformen voranzutreiben. Der EU kann man vorwerfen, dass sie Griechenland nicht früher an die Kandare genommen hat. Beispielsweise müssen die nationalen Behörden seit 1997 die Subventionen für die Landwirtschaft in einem Computersystem erfassen, um Missbrauch zu verhindern. Griechenland hat das System als letztes Mitgliedsland erst gut zehn Jahre später eingeführt.
Gräßle: Ein Schuldenschnitt oder mehr Fördergeld lösen das Problem bestimmt nicht. Mehr Geld führt nur dazu, das alles bleibt, wie es ist. Die Griechen lassen jetzt schon viel Geld liegen. Beim Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum, das Kommunen helfen soll, haben die griechischen Gemeinden nur etwa 40 Prozent der Gelder abgerufen. Das ist die niedrigste Quote in der Europäischen Union. Was helfen würde, wären besser ausgestattete, moderne Verwaltungen. Steuereintreiber etwa haben derzeit keine Computer.
Gräßle: Beides. Die grundsätzliche Frage ist, ob wir hier in Brüssel Regeln schaffen können die jedem der sehr unterschiedlichen Mitgliedsländer gerecht werden. Da bin ich eher skeptisch.
Gräßle: Große Unternehmen können sich den bürokratischen Aufwand leisten, sie haben dafür Spezialisten. Der kleine Bäckermeister muss die Förderanträge häufig selbst am Wochenende ausfüllen. Sinnvoll wären staatlich bezahlte Experten, die kleine Unternehmen bezüglich der Fördermöglichkeiten beraten. Und weniger Bürokratie käme den kleinen Firmen auch entgegen.
Gräßle: Ja, manche Gemeinden und Regionen sind „ausfinanziert“. Sie haben keine Ideen mehr, wie sie das Geld vernünftig ausgeben können und bemühen sich trotzdem um Subventionen. Die verantwortlichen Politiker können dann stolz sagen, wie viel Geld sie in die Region brachten.
Gräßle: So ist es. Deswegen kommen auch haarsträubende Investitionen zustande, wie ich es neulich in Brandenburg sah. Das Bundesland ließ sich von zwielichtigen Unternehmern den Bau einer Fabrik für Medizinprodukte aufschwatzen, die nie in Betrieb ging. Mit ein paar Klicks im Internet hätte das Land herausfinden können, dass einer der Unternehmer bereits wegen Betrugs verurteilt wurde. Letztlich musste Brandenburg für den Schaden aufkommen. Weil so viel Fördergeld lockt, schauen einige nicht mehr genau, was für Projekte sie einreichen. Um das zu verhindern, möchte ich, dass das Geld in den Strukturfonds wieder ein knappes Gut wird. Und dass damit ein Wettbewerb der besten Projekte um dieses Geld entsteht.
Gräßle: Das ist jetzt schon so. Italien ist Gründungsland der Europäischen Gemeinschaft, somit bekommen manche Regionen dort seit vielen Jahrzehnten europäische Subventionen. Und trotzdem tauchen sie seit Jahrzehnten immer in den Wirtschaftsstatistiken ganz hinten auf.
Gräßle: Seit zehn Jahren bin ich im Haushaltskontrollausschuss und die Situation ist in dieser Zeit etwas besser geworden. Anfangs gab es bei bis zu 20 Prozent der Fördersumme Rechtsverstöße, jetzt kommt es bei bis zu sechs Prozent vor. Aber auch in diesem Ausschuss stellen die Nehmerländer die Mehrheit, was Veränderungen schwierig macht.