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ATHEN
Griechen sehen Steinmeier als den „guten Deutschen“
Gerd Höhler
Gerd Höhler
 |  aktualisiert: 09.01.2014 20:08 Uhr

Griechen und Deutsche: Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier wird wissen, wie schwierig die Beziehung dieser beiden Völker ist. Sonst käme er wohl nicht so rasch nach seinem Amtsantritt in die griechische Hauptstadt Athen. Der knapp 20-stündige Besuch, der am Donnerstagabend begann, wird überschattet vom Anschlag auf die Residenz des deutschen Botschafters in Athen. Mutmaßlich linksextremistische Terroristen nahmen das Gebäude im Athener Norden in der Nacht zum 30. Dezember mit Schnellfeuergewehren unter Beschuss, eine Kugel schlug in einem Schlafzimmer der Diplomatenfamilie ein. Entsprechend drakonisch sind die Sicherheitsvorkehrungen für Steinmeier.

Dabei ist er vielen Griechen ein willkommener Gast. Sie sehen in ihm einen „guten Deutschen“. Mit der Regierungsbeteiligung der SPD in der Großen Koalition verbinden viele Menschen in Griechenland die Hoffnung auf eine Lockerung dessen, was sie als „deutsches Spardiktat“ empfinden. Sie hoffen auf mehr Mitgefühl und weniger Strenge. Das sind hohe Erwartungen, denen Steinmeier nur schwer gerecht werden kann. Er will seinen Besuch zwar als „Zeichen der Solidarität mit den Menschen in Griechenland“ verstanden wissen und äußerte Anerkennung für die Reformbemühungen der Griechen, sagt aber auch: „Es ist noch ein langer Weg zu gehen.“

Auch die Irritationen im Verhältnis der beiden Völker werden sich nicht so schnell verflüchtigen. Dabei waren Griechen und Deutsche früher einmal richtig gute Freunde. Noch 2005 äußerten in einer Umfrage fast 80 Prozent der Griechen eine „gute Meinung“ von Deutschland, womit die Deutschen die beliebteste Nation überhaupt waren. Dann kamen die Schuldenkrise und die Sparauflagen, hinter denen viele Griechen vor allem Angela Merkel als treibende Kraft vermuten. „Es muss wehtun“, habe ihm die Kanzlerin 2010 bei den Verhandlungen über das Sparprogramm gesagt, berichtet der damalige griechische Premier Giorgos Papandreou. Merkel ist heute in Griechenland die unbeliebteste ausländische Politikerin überhaupt. Fast 85 Prozent haben eine schlechte Meinung von der Kanzlerin. Das färbt ab auf Deutschland insgesamt. Nur noch jeder dritte Grieche ist gut auf die Deutschen zu sprechen. Jeder Vierte sieht in Deutschland sogar eine „Bedrohung“. Mehr Angst haben die Griechen nur vor dem Erzfeind Türkei.

Das Verhältnis der Griechen zu den Deutschen ist ambivalent. Einerseits sind viele Menschen enttäuscht. Sie fühlen sich unverstanden, herabgesetzt und verletzt – gerade von den Deutschen, die sie für Freunde hielten. Andererseits gibt es enge menschliche Verbindungen zwischen beiden Völkern. In den 1960er Jahren kamen Hunderttausende Griechen als Gastarbeiter nach Deutschland. Die meisten kehrten in ihre Heimat zurück, viele gut ausgebildet, manche sogar wohlhabend. Dieses Fundament trägt noch immer. Jetzt, in der Krise, ist Deutschland wieder das bevorzugte Ziel vieler griechischer Auswanderer. Die Nachfrage nach deutschen Sprachkursen war in Griechenland noch nie größer als jetzt. Wenigstens das ist ein Hoffnungsschimmer in dem schwierigen Verhältnis.

 
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