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NEW YORK
Generäle und Banker in künftiger US-Regierung
Donald Trump Holds Weekend Meetings In Bedminster, NJ       -  Der künftige US-Präsident Donald Trump (links) hat den ehemaligen General James Mattis als Verteidigungsminister berufen.
Foto: Drew Angerer, afp | Der künftige US-Präsident Donald Trump (links) hat den ehemaligen General James Mattis als Verteidigungsminister berufen.
Thomas Seibert
 |  aktualisiert: 09.12.2016 03:55 Uhr

Wenige Wochen nach seinem Wahlsieg entpuppt sich Donald Trump als Anhänger des altbekannten Politiker-Spruchs: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“ Obwohl der Populist im Wahlkampf vor dem 8. November immer wieder das Establishment der Politiker, Militärs und Finanz-Jongleure in den USA anprangerte, setzt er bei der Zusammenstellung seines Kabinetts auf Vertreter eben jener Elite. Generäle und Banker bestimmen das Bild.

Das jüngste Beispiel ist General James „Mad Dog“ Mattis, der Verteidigungsminister werden soll. Bei einer Rede in Ohio pries Trump den Ex-Marine als militärisches Genie, das dringend gebraucht werde. Mattis war unter anderem mit dem Spruch bekannt geworden, in Afghanistan habe es Spaß gemacht, Leute zu erschießen. Mattis ist aber auch ein erklärter Gegner von Foltermethoden bei der Terrorbekämpfung, die Trump eigentlich wieder einführen will.

Ein Generals-Kollege von Mattis, Michael Flynn, soll Trumps Sicherheitsberater werden; ein weiterer ehemaliger Offizier, David Petraeus, ist als Außenminister im Gespräch. Dabei hatte der Wahlkämpfer Trump die amerikanische Generalität als Haufen von Versagern abgetan. Vor einem Jahr behauptete er, er wisse mehr über den Islamischen Staat (IS) als die Generäle in Washington. Nun gelten Mattis und Co. plötzlich als ausgebuffte Profis, die wissen, wie Amerikas Sicherheit gewährleistet werden kann.

Ganz ähnlich geht Trump in der Finanzpolitik vor. Zwei Milliardäre, Steven Mnuchin und Wilbur Ross, sind seine Favoriten für die Ämter des Finanz- und des Handelsministers. Insbesondere die Berufung von Mnuchin, eines 53-jährigen Ex-Managers der Investmentbank Goldman Sachs, stößt Kritikern sauer auf. Schließlich ist Mnuchin ein Mitglied jener Kaste der Superreichen, über die sein künftiger Chef im Wahlkampf so heftig schimpfte. Goldman Sachs wurde in der Trump-Kampagne zum Inbegriff von Gier und Verrat an der Mittelschicht. Nun soll Mnuchin Minister werden, obwohl seine Karriere so manche Verteufelung durch den Wahlkämpfer Trump zu bestätigen scheint. Die Zeitschrift „Politico“ berichtete, Mnuchins Bank OneWest habe versucht, einer 90-jährigen Dame in Florida ihr Häuschen abzunehmen, weil ihr bei einer Zahlung ein Fehler in Höhe von 27 Cent unterlaufen war.

Der juristische Streit um den Fall dauert noch an.

„Gipfel der Heuchelei“

Kritiker Mnuchins im Senat dürften diese und andere Episoden aus der Karriere des Kandidaten in den kommenden Monaten öffentlich ausbreiten; in der Parlamentskammer braucht Mnuchin zur Bestätigung im Amt 51 Stimmen; Trumps Republikaner haben 52.

Die Senatoren Bernie Sanders und Elizabeth Warren, die Galionsfiguren der Linken bei den oppositionellen Demokraten, erinnerten Trump daran, dass er im Wahlkampf einen radikalen Wandel in Washington versprochen habe, nun aber einen typischen Vertreter der Finanzelite in seine Regierung hole. Die beiden Politiker nannten Mnuchins Berufung in einer gemeinsamen Stellungnahme den „Gipfel der Heuchelei“. Trump erwiderte, Milliardäre wüssten nun einmal, wie man Geld verdient.

Als Finanzminister wäre Mnuchin der dritte ehemalige Goldman-Sachs-Manager auf diesem Posten seit den 1990er Jahren und nach Trumps Chefberater Steve Bannon der zweite Ex-Goldman-Vertreter in der neuen Regierung. Möglicherweise gesellt sich schon bald Nummer Drei dazu:

Gary Cohn, Vizechef von Goldman Sachs, ist laut Medienberichten ebenfalls zu einem Ausstieg aus der Investmentbank und einem Einstieg in die Regierung bereit. Cohn traf sich am Mittwoch mit Trump; der Banker ist als Chef der Haushaltsabteilung im Weißen Haus im Gespräch. Der Aktienkurs von Goldman Sachs befindet sich auf einem Höhenflug.

Kein gewöhnlicher Wahlsieger

Trump selbst bleibt unterdessen im Wahlkampfmodus. Bei einer „Dank-Tournee“ durch einige Bundesstaaten lässt sich der 70-jährige von seinen Anhängern feiern. Als erste Wohltat verkündete er, dass er den Klimaanlagen-Hersteller Carrier dazu überredet hat, auf die Verlagerung von 1100 Arbeitsplätzen aus Indianapolis nach Mexiko zu verzichten. „Das ist erst der Anfang“, sagte er bei einer Rede in Ohio.

Dass ein designierter Präsident so direkt auf unternehmerische Entscheidungen einwirkt, ist ungewöhnlich. Doch Trump ist kein gewöhnlicher Wahlsieger. Statt sich, der Tradition gehorchend, nach seinem Erfolg vom 8. November den Verlierern gegenüber großmütig zu zeigen, zieht er trotz mehrmaliger Bekenntnisse zur Einheit des Landes weiter gegen seine Kontrahenten zu Felde. „Es hat einen Riesenspaß gemacht, gegen Hillary zu kämpfen, oder?“ fragte er seine begeisterten Anhänger in Ohio.

Auch die Presse und die Führung der Republikanischen Partei, die sich im Wahlkampf von Trump distanziert hatte, bekamen ihr Fett ab.

Nur hier und da lässt Trump erkennen, dass er als Präsident anders sein wird, als er als Kandidat war. Als er in Ohio gegen Hillary Clinton vom Leder zog, wiederholte sein Publikum den Sprechchor aus dem Wahlkampf: „Sperrt sie ein!“ Trump hatte mit einem Strafverfahren gegen die ehemalige Außenministerin gedroht – doch davon will er heute nichts mehr wissen. Den Sprechchor seiner Anhänger in Ohio ignorierte er.

 
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