Für ihren Festakt zum 70. Geburtstag am Montag hatte sich die CDU das Berliner E-Werk ausgesucht. Das ehemalige Umspannwerk in Berlin-Mitte konnte mit seiner offenen Werkraumarchitektur gleich in mehrfacher Hinsicht symbolisch für Anlass und Zeitpunkt wirken. Für die CDU-Vorsitzende Angela Merkel ist an diesem Ort unweit des ehemaligen Machtzentrums der NS-Diktatur die „Geburtsstunde“ der CDU noch spürbar. Die Partei verdanke sich dem Willen vieler Menschen, aus den Trümmern der Nazi-Herrschaft und des „Zivilisationsbruchs der Schoah“ eine „neue Heimat aufzubauen“. Zugleich stand das Gebäude an diesem Tage für das unfertige, ja gefährdete Haus der Europäischen Union.
Vor dem Hintergrund der Griechenland-Krise geriet der Festakt zu einem eindringlichen Bekenntnis der CDU zu Europa als Wertegemeinschaft. Die Parteispitze hatte sich für den 26. Juni 1945 als Bezugsdatum des Festakts entschieden. Damals unterzeichneten ehemalige Zentrumsabgeordnete, Gewerkschafter und ein Liberaler einen Gründungsaufruf – ein von Inhalt und Mitgliedern idealtypischer Vorgang für zahlreiche ähnliche Initiativen. Denn die Union entstand als Sammelbewegung aus einzelnen Initiativen in den damaligen Besetzungszonen. Bis zum Gründungsparteitag in Goslar vergingen noch fünf weitere Jahre.
Der damals 22-jährige Kreisvorsitzende Heinz Schwarz erinnerte sich am Montag im E-Werk, wie er in Goslar die großen Gestalten der Gründerjahre kennenlernte, darunter natürlich Konrad Adenauer. Dem rheinischen Katholiken Schwarz wiesen seinerzeit noch Vater und Pfarrer den Weg zu den Christdemokraten. Der spätere Innenminister im Kabinett des jungen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Helmut Kohl war einer von rund 30 Gründungsmitgliedern, die am Festakt teilnahmen. Das Umspannwerk musste auch als Symbol der Vermittlung unterschiedlicher Spannungsebenen in der Volkspartei herhalten – nicht zuletzt mit der bayerischen Schwesterpartei. So rechtfertigte die CSU-Landesvorsitzende Gerda Hasselfeldt in ihrer Glückwunschbotschaft vor allem die Eigenständigkeit und den bundespolitischen Anspruch ihrer Partei – wozu sie gleich mehrfach Franz-Joseph Strauß zitierte. Bei einer Volkspartei mit über 450 000 Mitgliedern und einer Wählerschaft von bis zu 40 Prozent ist ein solcher Tag natürlich auch eine Gelegenheit der Selbstvergewisserung und Einheit.
CDU-Generalsekretär Peter Tauber sah das Einigende im „Wunsch nach Frieden, Versöhnung und Freiheit in Europa“. Ansonsten hob er eher die Vielfalt hervor: „Jeder verbindet etwas anderes mit der CDU.“
Merkel hob als Fundament die Beziehung von Freiheit und Verantwortung hervor, wie sie sich aus dem christlichen Menschenbild ergebe. Hieraus entwickelte sie ihr Verständnis der europäischen Integration und ihre Haltung zur Griechenland-Krise. „Die EU ist eine Gemeinschaft, die sich gleichen Werten verpflichtet fühlt“, so die Kanzlerin. Für dieses gemeinsame Verständnis sei es „existenziell, dass wir auf der einen Seite solidarisch zueinander sind, dass aber auf der anderen Seite jeder seinen Beitrag leistet“. Solidarität und Eigenverantwortung seien zwei Seiten einer Medaille. Dieses Spannungsfeld lebe aus der Fähigkeit, Kompromisse zu finden. Und für Merkel können diese Prinzipien auch nicht „ausnahmsweise“ ad acta gelegt werden. Ansonsten, so ihre Sorge, verliere Europa, Einfluss und Gewicht in der Welt: „Wir werden uns nicht mehr durchsetzen können, mit dem, was uns wichtig ist.
“ In diesem Sinne verstehe sie ihre Aussage: „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa.“
CDU in Zahlen
Derzeit hat die Christlich Demokratische Union Deutschlands 452 700 Mitglieder. Damit liegt die CDU knapp vor der SPD (451 500 Mitglieder). Von den Mitgliedern sind 74 Prozent Männer und 26 Prozent Frauen. Das Durchschnittsalter der CDU-Mitglieder beträgt 59 Jahre. Die Partei hat 17 Landesverbände in 15 Bundesländern. Die Besonderheit: In Bayern tritt nur die CSU an, mit der die CDU eine Fraktionsgemeinschaft im Bundestag bildet. Angela Merkel ist bisher die erste Frau an der Parteispitze. Die bisherigen Vorsitzenden: Konrad Adenauer, Ludwig Erhard, Kurt Georg Kiesinger, Rainer Barzel, Helmut Kohl, Wolfgang Schäuble und Angela Merkel. Seit ihrer Gründung stellte die CDU fünf Bundeskanzler. Text: dpa