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LONDON
Geld und Soldaten für Somalia
Erschüttert von Anarchie: Hezb-al-Islam Rebellen gehen in Somalia in Stellung.
Foto: dpa | Erschüttert von Anarchie: Hezb-al-Islam Rebellen gehen in Somalia in Stellung.
Von dpa-Korrespondent Michael Donhauser
 |  aktualisiert: 23.02.2012 19:35 Uhr

Es gibt auf der ganzen Welt kein Land, in dem das Chaos so groß und die Hilflosigkeit so himmelschreiend ist wie in Somalia. Der Staat am Horn von Afrika, einst von Briten und Italienern als Kolonie regiert, ist gescheitert. In vielen Teilen regiert die Anarchie. Die internationale Gemeinschaft will jetzt nicht mehr länger zuschauen. „Es ist höchste Zeit, ein neues Kapitel für Somalia aufzuschlagen“, sagt etwa der deutsche Außenminister Guido Westerwelle. Aber wie?

Auf der internationalen Somalia-Konferenz in London am Donnerstag war der politische Wille groß, doch guter Rat teuer. Die Initiativen zur Verbesserung der Politikfähigkeit in Somalia blieben vage. Die „Schreie nach Frieden“ der Somalier müsse die Weltgemeinschaft beantworten, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon.

Der Westen will Geld schicken. 64 zusätzliche Dollar-Millionen kündigte US-Außenministerin Hillary Clinton an, immerhin sechs Millionen Euro hatte Guido Westerwelle im Gepäck. Der Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen erhöhte das Truppenkontingent. Die von der EU bezahlte Schutztruppe der Afrikanischen Union darf jetzt 17 700 Soldaten statt bisher höchstens 12 000 haben. Sie haben es bisher nicht geschafft, flächendeckend für Ordnung zu sorgen. Noch immer schalten und walten Piraten am Horn von Afrika fast nach Belieben. Gegenwärtig haben sie 40 Schiffe und 400 Geiseln in ihrer Gewalt. Der Westen muss – unter anderem mit der EU-Mission Atalanta – Millionen aufwenden, um die wichtigen Handels-Schifffahrtsstraßen um das Horn von Afrika einigermaßen aufrechtzuerhalten. Noch immer treiben radikalislamische Milizen der Al-Schabab ihr Unwesen. Berichte von Steinigungen und Straf-Amputationen nach islamischer Rechtsordnung machten in den vergangenen Jahren die Runde. Eine lang anhaltende Dürre kam hinzu und zwang Hunderttausende Menschen zum Verlassen ihrer Heimat. Und der vom Westen unterstützte Präsident Sheikh Sharif Ahmed – ein ehemaliger Islamist – hat es in den gut zwei Jahren seiner Amtszeit bisher nicht wirklich hingekriegt. Seine Macht reicht kaum über die Stadtgrenzen der Hauptstadt Mogadischu hinaus. Wenn UN-Generalsekretär Ban Ki Moon dennoch von „Hoffnung“ spricht und US-Außenministerin Hillary Clinton von einer „realistischen Chance“ auf eine Lösung in Somalia, dann geben sie sich optimistisch.

Paradoxerweise hat die Piraterie und die Millionen erpresster Lösegelder in einigen Regionen Somalias zu einem echten Wirtschaftsaufschwung geführt, wie das britische Forschungsinstitut Chatham House anhand von Satellitenbildern analysieren konnte. Im vergangenen Jahr flossen nach UN-Angaben 170 Millionen US-Dollar in die Hände von Piraten. Die Studie geht davon aus, dass mindestens zehn Prozent den Gemeinden in der jeweiligen Region zugutekommen. Teilweise wurde das Geld wieder reinvestiert und schuf sogar Arbeitsplätze.

Zum Segen könnten die Ölvorkommen in Somalia werden. Seit Januar bohrt ein kanadisches Konsortium in der teilautonomen Region Puntland. „Wenn Öl gefunden wird, ist das die Wende zum Besseren“, sagte Issa Farah, Chef der puntländischen Öl- und Mineralienagentur.

Somalia

Die Republik Somalia gehört zu den ärmsten Ländern der Erde. Seit dem Sturz von Präsident Siad Barre 1991 wird das Land am Horn von Afrika, das fast doppelt so groß ist wie Deutschland, gebeutelt. Bürgerkrieg und Dürrekatastrophen haben den Küstenstaat Dschibuti zerrüttet. Trotz einer seit 2004 amtierenden Übergangsregierung fehlen effektive staatliche Strukturen. Das Land ist zur Brutstätte für Piraterie und zum Rekrutierungsfeld für Terroristen geworden. Hungersnot und Hunderttausende Flüchtlinge sorgen zusätzlich für Instabilität in dem Land mit fast zehn Millionen Einwohnern.

 
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