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Berlin
Gelb ist die Hoffnung
Die FDP feiert auf dem 70. Bundesparteitag ihren Vorsitzenden Christian Lindner. Mit 86,6 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt.
Christian Lindner, Fraktionsvorsitzender und Parteivorsitzender der FDP, winkt nach seiner Wiederwahl zum Parteivorsitzenden beim 70. FDP-Bundesparteitag den Delegierten zu. 
Foto: Kay Nietfeld, dpa | Christian Lindner, Fraktionsvorsitzender und Parteivorsitzender der FDP, winkt nach seiner Wiederwahl zum Parteivorsitzenden beim 70. FDP-Bundesparteitag den Delegierten zu. 
Stefan Lange (51) ist neuer Leiter des Hauptstadtbüros unserer Zeitung. Zuvor arbeitete er als Teamleiter Politik im Berliner Büro von Dow Jones Newswires und dem Wall Street Journal. Lange ist seit 2001 in Berlin und hat dort unter anderem bei verschiedenen Nachrichtenagenturen gearbeitet. Davor war der gebürtige Friese zwölf Jahre lang als Volontär und Redakteur bei einer Tageszeitung in Jever beschäftigt.
Stefan Lange
 |  aktualisiert: 10.05.2019 02:11 Uhr

 Wenn der Chef der vergleichsweise kleinen FDP so richtig in Fahrt kommt, dann kann der Gegner gar nicht groß genug sein. Knapp 100 Minuten dauerte die Rede von Christian Lindner auf dem FDP-Bundesparteitag in Berlin, und der Vorsitzende verwendete viel Zeit darauf, die Volksrepublik China anzugreifen. Aber auch inländische Themen sprach Lindner an, etwa die aus liberaler Sicht völlig blödsinnige Debatte über die Enteignung von Wohnungsbaukonzernen in Berlin. „Statt zu klauen, sollten die bauen“, empfahl er der rot-rot-grünen Landesregierung.

Bei den Parteitags-Delegierten in dem als angesagt geltenden Veranstaltungsort „Station Berlin“ kam der farbige Themenmix offensichtlich an. Lindner wurde mit 86,6 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Der 40-Jährige lag nur wenig unter den 91 Prozent, die er vor zwei Jahren erhalten hatte. Damit durfte er das Ergebnis als Billigung seines Erneuerungskurses werten, der in Zukunft unter anderem von einer neuen Generalsekretärin mitgestaltet werden soll.

Die Chinesen und die deutsche Sprache

Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass Linder vor dem allgegenwärtigen Partei-Gelb der Bühnendekoration ganz tief in die antiasiatische Ressentiment-Kiste griff. Er wolle nicht „Angst vor dem gelben Mann“ machen, kündigte Lindner an, tat dann aber genau das. China sei dabei, ein globaler Hegemon zu werden, wolle anderen die Regeln diktieren und dafür sorgen, dass die Kinder in den Schulen neben Englisch in Zukunft auch Chinesisch lernen müssten, wetterte der 40-Jährige. Seine Partei jedoch werde alles dafür tun, dass es sich für die Chinesen weiter lohne, auch Deutsch und Englisch zu reden, versprach Lindner.

Man konnte sich ein wenig über Lindners Ausführungen amüsieren, das ist auch deshalb statthaft, weil der FDP-Vorsitzende über ein gehöriges Maß an Selbstironie verfügt. Doch Lindners Ausführungen waren vor allem eine Standortbestimmung liberaler Politik und angesichts bevorstehender Wahlen in deutschen Landtagen und in Europa eine Kampfansage an die anderen etablierten Parteien.

Altmaiers Strategiepapier zerrissen

Mit scharfer Kritik an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) grenzte Lindner seine Partei von der Union ab. Altmaiers jüngstes Strategiepapier zur deutschen Wirtschaft handele nur von nationalen Champions, die kleine und mittelständische Wirtschaft in Deutschland komme darin überhaupt nicht vor, analysierte Lindner und machte gleichzeitig klar: Um diese Klientel kümmert sich die FDP.

Während die Kritik an einer Regierungspartei noch zum Pflichtteil in der Rede eines liberalen Parteivorsitzenden gehört, wagte sich Lindner aber auch an die Kür, und die ist in diesen Tagen grün gefärbt. Der Höhenflug der Grünen ist eine Entwicklung, die im gelben FDP-Lager genau analysiert wird und mit Lindners Rede ist jetzt völlig klar: Anbiedern wollen sich die Liberalen bei den Grünen und ihren Wählern nicht.

Die FDP setzt vielmehr auf klare Abgrenzung. Man wolle keine Verbote, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren und das Klima zu retten, machte Lindner klar. Es gebe „milde Mittel“, die sowohl eine freiheitliche Lebensführung als auch eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes ermöglichen könnten, wendete er sich gegen CO2-Bepreisung und Mobilitäts-Beschränkungen.

Auch den Jugendlichen nicht nach dem Mund reden

Bei seinen eigenen Leuten verzichtete Lindner ebenfalls auf Anbiederung. Heftig war der 40-Jährige für seine Äußerungen zu den freitäglichen Schülerdemos kritisiert worden. Klimaschutz solle man bessern den Profis überlassen, hatte er gefordert und blieb in seiner Parteitagsrede dabei. Wenn man eine jugendliche Protestbewegung wirklich ernst nehme, dann beschäftige man sich mit ihren Anliegen und mute ihnen in einer Demokratie „gegebenenfalls auch fachlichen Widerspruch zu, denn ansonsten nimmt man sie nicht ernst, sondern redet ihnen nach dem Mund“, bekräftigte der FDP-Chef.

Lindner machte auch deutlich, was er die Einführung einer Frauenquote bei den Liberalen hält, nämlich wenig. Liberalismus habe kein Geschlecht, es gebe bereits so etwas wie einen liberalen Feminismus, auch das sei ein Feld, das man nicht den Grünen überlassen müsse.

Hoffnungsträgerin Linda Teuteberg

Die neue FDP-Generalsekretärin sei ebenfalls kein Auswuchs einer Quote, machte Lindner deutlich. Linda Teuteberg, deren Wahl im Laufe des späteren Abend mit großer Sicherheit erwartet wurde, sei nicht wegen ihrer regionalen Herkunft oder des Geschlechts ausgewählt worden, sondern wegen ihrer Person, lobte er die 38-jährige Brandenburgerin, die für Amtsinhaberin Nicola Beer kommen soll, die es wiederum ins EU-Parlament zieht. Teuteberg habe sich etwa in der Flüchtlingspolitik klar im Sinne der FDP positioniert, sagte der Parteichef.

Dass Teuteberg bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen im September sowie bei der thüringischen Landtagswahl am 27. Oktober Stimmen ziehen soll, daraus machte Lindner keinen Hehl. Es sei nicht zu ertragen, dass die FDP als gesamtdeutsche Partei in Ostdeutschland außer in Berlin nicht parlamentarisch vertreten sei, erklärte er.

 
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