Dutzendfach stand er vor Gericht, einen definitiven Schuldspruch gab es nie. Das könnte sich für Italiens früheren Regierungschef Silvio Berlusconi nun ändern. Er erwartet das Urteil des höchsten Gerichts des Landes in seinem Steuerbetrugsfall.
Das politische Italien hat am Donnerstag gespannt nach Rom geblickt: Vor dem höchsten italienischen Gericht stand dort die Entscheidung über das politische Schicksal Silvio Berlusconis bevor. Im Steuerbetrugsprozess gegen den früheren italienischen Regierungschef sollte das Kassationsgericht am Abend sein Urteil verkünden.
Der 76-jährige Politiker, der zuletzt mit Sex-Schlagzeilen in einem anderen Verfahren Furore machte, konnte erstmals in seinen vielen Prozessen definitiv verurteilt werden.
Das höchste Gericht des Landes musste nach Tagen der Verhandlung entscheiden, ob es den Schuldspruch der vorherigen Instanzen in dem „Mediaset“-Prozess bestätigt, aufhebt oder Berlusconi freispricht. Berlusconi sei gelassen und hoffe auf einen positiven Richterspruch, hieß es in Rom. Der Angeklagte selbst erschien nicht vor Gericht. Die Richter hatten sich am Mittag zur Beratung zurückgezogen.
Berlusconi war im Mai in zweiter Instanz zu vier Jahren Haft und einem fünfjährigen Verbot öffentlicher Ämter verurteilt worden.
In der vorherigen Instanz hatten die Richter im Oktober 2012 geurteilt, Berlusconi habe mit einem System „massivsten Steuerbetrugs“ die Kosten für TV-Rechte um Hunderte Millionen Euro in die Höhe getrieben. Insgesamt hat sich das „Mediaset“-Verfahren bislang über etwa zwölf Jahre hingezogen, im Jahr 2001 hatten die Ermittlungen begonnen.
Am Mittwoch hatten Berlusconis Verteidiger vor dem Kassationsgericht in Rom einen Freispruch auf ganzer Linie gefordert. Ihr Mandant habe sich strafrechtlich nichts zuschulden kommen lassen.
Staatsanwalt Antonello Mura hatte zuvor verlangt, die Haftstrafe für Berlusconi zu bestätigen, das Verbot öffentlicher Ämter für den Mitte-Rechts-Politiker aber auf drei Jahre zu verringern. Berlusconi sei der „planende Kopf“ in einem systematischen Steuerbetrug gewesen.
Ins Gefängnis muss Berlusconi bei einer rechtskräftigen Verurteilung nicht. Drei der vier Jahre, zu denen er in zweiter Instanz verurteilt worden ist, würden ihm aus Altersgründen nach einem Gesetz von 2006 erlassen. Den Rest könnte er in Sozialstunden ableisten oder auch im Hausarrest in einer seiner Villen absitzen.
Dem Cavaliere droht aber weiteres Justizunheil. Im „Ruby“-Prozess um Sex mit minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauch wurde er in erster Instanz schuldig gesprochen; ein Verfahren wegen Bestechung eines Senators könnte in diesem Herbst gegen ihn eröffnet werden.
Berlusconi beteuert, zur großen Regierungskoalition mit der sozialdemokratischen PD (Demokratische Partei) zu stehen. Er will seiner Partei PdL (Volk der Freiheit) nach der Sommerpause neue Impulse geben. Ministerpräsident Enrico Letta, erst seit wenigen Monaten im Amt, hat mehrfach betont, er sehe keine Auswirkungen auf seine Regierung, sollte Berlusconi verurteilt werden.
Bei einem Verbot politischer Ämter durch den Kassationsgerichtshof muss der Senat darüber abstimmen, ob er dies annimmt und Berlusconi seinen Sitz in der Parlamentskammer verliert. Diese Prüfung könnte sich hinziehen.