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BERLIN/WIESBADEN
Gefährdet Hessen-Wahl die GroKo?
Plenarsaal Hessischer Landtag in Wiesbaden       -  Der leere Plenarsaal des hessischen Landtags in Wiesbaden
Foto: Arne Dedert, dpa | Der leere Plenarsaal des hessischen Landtags in Wiesbaden
Bernhard Junginger
 |  aktualisiert: 02.04.2019 12:55 Uhr

Bei den Landtagswahlen in Hessen am Sonntag geht es um weit mehr, als nur darum, ob Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) im Amt bleibt. Oder von Thorsten Schäfer-Gümbel von der SPD oder dem Grünen Tarek Al-Wazir Platz abgelöst wird.

Auf dem Spiel steht letztlich die Zukunft der Großen Koalition in Berlin, glaubt der Politikwissenschaftler Jürgen Falter von der Universität Mainz: „Wenn die SPD ein Ergebnis von unter 20 Prozent einfährt, wird es zu einem Katastrophenszenario kommen. Denn dann wird die Parteilinke wieder den Austritt aus der Großen Koalition fordern. Doch das wäre politisches Harakiri, bei Neuwahlen würde die SPD wohl noch weiter abstürzen.“

Falter weiter: „Parteichefin Andrea Nahles und ihr Vize Olaf Scholz werden deshalb zwar alles daran setzen, das zu verhindern.“ Doch der Streit in der Partei wäre nach Ansicht des Politologen „gewaltig und könnte die Arbeit der Großen Koalition belasten“. Für CDU-Chefin Angela Merkel wäre ein Ergebnis in Hessen, das unter 25 Prozent liegt, „ein Menetekel“, so Falter. „Es könnte dann beim Parteitag noch ein prominenter Gegenkandidat um den Parteivorsitz aus der Deckung kommen – etwa der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz“, sagt er.

Ein CDU-Debakel in Hessen werde seiner Ansicht nach zwar nicht den unmittelbaren Abschied Merkels als Kanzlerin bedeuten, „diesen aber möglicherweise beschleunigen“. Falter rechnet allerdings mit einem sehr knappen Ausgang der Wahlen: „Für die CDU könnte es so laufen, wie für die CSU in Bayern, dass das Ergebnis am Ende besser ausfällt als erwartet. Dann würde es für die Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition reichen.“

Es drohen herbe Verluste

Nach aktuellen Umfragen drohen CDU und SPD herbe Verluste. Laut ZDF-„Politbarometer“ käme die CDU auf 28 Prozent und die SPD auf 20 Prozent – was für beide Parteien einen Verlust von rund zehn Prozentpunkten im Vergleich zu den Wahlen 2013 bedeuten würde. Gleichauf mit der SPD lägen die Grünen mit ebenfalls 20 Prozent – was einer Steigerung um fast neun Prozentpunkte entspräche. Der Einzug in den Wiesbadener Landtag dürfte erstmals der AfD gelingen, die damit dann in allen 16 Länderparlamenten vertreten wäre. Im Politbarometer erreicht die AfD zwölf Prozent. Mit jeweils acht Prozent würden demnach auch die FDP und die Linke den Sprung über die Fünfprozenthürde schaffen.

Nach diesen Zahlen wäre ein Zweierbündnis nicht möglich, auch für die amtierende Koalition aus CDU und Grünen würde es nicht mehr reichen. Eine sichere Mehrheit hätte eine Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP. Doch wenn der tatsächliche Wahlausgang auch nur geringfügig von den Umfrageergebnissen abweicht, wären zumindest rechnerisch etliche weitere Möglichkeiten denkbar: Eine Große Koalition aus CDU und SPD – die freilich niemand will – ebenso wie eine „Ampel“ aus SPD, Grünen und FDP oder ein Linksbündnis aus SPD, Grünen und Linken.

Fiele das Ergebnis für CDU oder SPD so schlecht wie befürchtet aus oder noch schlechter, drohen erhebliche Auswirkungen auf die Bundespolitik. Verlöre CDU-Ministerpräsident Bouffier gar sein Amt, würde dies die Position von Bundeskanzlerin Merkel erheblich schwächen.

Auch SPD-Chefin Andrea Nahles muss gewaltig zittern. Nach dem Desaster ihrer SPD bei der Landtagswahl in Bayern geht es für sie bei der Hessenwahl ans Eingemachte. Ein schlechtes Ergebnis, bei dem die SPD auch noch hinter die Grünen zurückfiele, würde nicht nur die Zweifel an ihrer Eignung für den Parteivorsitz befeuern. Sondern auch die schwelende Debatte um einen Ausstieg aus der Großen Koalition neu anfachen.

Wackelnder Koalitionspartner SPD

Für den Fall, dass die SPD die Regierung verlässt, geht CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer von Neuwahlen aus. Offenbar ein Warnsignal an den wackelnden Koalitionspartner SPD, dem dann endgültig der Sturz in die Bedeutungslosigkeit drohen würde. Wenn die rund 4,4 Millionen Wahlberechtigten in Hessen am Sonntag entscheiden, welche 110 Abgeordneten sie ins Parlament nach Wiesbaden schicken, könnten also auch im politischen Berlin die Verhältnisse ins Rutschen kommen.

 
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