Es ist eine besondere Art, mit der das Europäische Parlament das Andenken an mutige Journalisten wachhält. Einer der Säle in Straßburg trägt den Namen der 2003 ermordeten schwedischen Politikerin Anna Lindh. Ein anderer in Brüssel erinnert an Anna Politkowskaja, die russische Journalistin, die 2006 vor ihrem Haus erschossen wurde. Am gestrigen Dienstag wurde der bisherige Straßburger Presse-Raum in Daphne-Caruana-Galizia-Saal umbenannt – eine Ehrung der vor einem Monat durch eine Autobombe getöteten maltesischen Enthüllungsjournalistin.
Und es waren harte Worte, die dabei fielen. „Wir werden nicht wegschauen und übersehen, was in Malta passiert ist“, sagte der Präsident der Abgeordnetenkammer, Antonio Tajani, bei der kleinen Zeremonie in Anwesenheit der Familie Galizias. „Ich schäme mich, heute hier zu stehen und der Familie sagen zu müssen: Die Täter sind immer noch auf freiem Fuß“, erklärte der christdemokratische spanische Abgeordnete Esteban Gonzales Pons.
„Daphne war eine Heldin“, meinte die französische Sozialdemokratin Tanja Fajon. „Die US-Bundespolizei und die Europäische Polizeibehörde Europol helfen bei den Ermittlungen“, unterstrich der Vizepräsident der EU-Kommission Frans Timmermans.
Doch die Wut sitzt zu tief, als dass sich das Parlament mit solchen Sätzen zufriedenstellen ließ. Galizia gehörte zu den Journalisten, die Maltas Verstrickung in Korruption, Geldwäsche und Vetternwirtschaft aufdeckten. „Wie kann es sein, dass der Chef der Finanzaufsicht in Valletta zugleich Leiter der Finanzentwicklungsgesellschaft ist? Wieso geht die Kommission nicht den Vorwürfen von Stimmenkauf bei den jüngsten Wahlen nach?“, wollte der Grünen-Politiker Sven Giegold wissen.
Die Liste der Vorwürfe gegen den sozialdemokratischen Regierungschef von Malta, Joseph Muscat, ist lang. Selbst die EU-Verwaltung unter ihrem Präsidenten Jean-Claude Juncker musste einräumen, dass es erhebliche Defizite in Sachen Rechtsstaatlichkeit gebe. Da würden Richtlinien zur Eindämmung der Geldwäsche nicht umgesetzt. Der verbesserte Schutz gegen Hinweisgeber (Whistleblower) wird von Valletta ausgebremst.
Dass die Inselrepublik der Europäischen Staatsanwaltschaft nicht beigetreten ist, bekommt vor dem Hintergrund dieser Vorwürfe und der Ermordung Galizias einen faden Beigeschmack.
Und dass Malta schon seit Jahren als Waschmaschine für schmutzige Gelder östlicher Oligarchen von sich reden macht, wurde bisher hingenommen. Inzwischen bieten Betreiber dubioser Glücksspiele ihre Dienste ebenfalls aus der Republik im Mittelmeer an – unter großzügiger Umgehung aller europäischer Vorschriften.
Widerstand dagegen gibt es nicht. Sogar die Tatsache, dass das kleine Land EU-Pässe gegen millionenschwere Investitionen verkauft, hat nur Kopfschütteln ausgelöst. Nun fordert das Parlament nicht nur eine internationale Untersuchung, sondern will auch selbst eine Kommission nach Valletta entsenden, um Druck zu machen.