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SANTIAGO DE CHILE
Gaucks Reise ins Land der brennenden Kirchen
Von unserem Korrespondenten Tobias Käufer
 |  aktualisiert: 19.07.2016 03:36 Uhr

Die Brandstifter kommen stets im Schutze der Dunkelheit. Mal ist es ein Kanister Benzin, mal ein Brandsatz. Nur die Ziele der Attentäter sind immer die gleichen: Seit Monaten brennen in Chile katholische und evangelische Kirchen. Dahinter steckt, wenn die direkt neben den niedergebrannten Gotteshäusern aufgefundenen Bekennerschreiben authentisch sind, eine radikale Gruppe indigener Ureinwohner. Die Mapuche, eines der stolzesten und widerstandsfähigsten Völker Lateinamerikas, sind bekannt dafür, für ihre Rechte notfalls mit Gewalt zu kämpfen. Sie waren das einzige indigene Volk der sogenannten Neuen Welt, das der spanischen Eroberung standhielt.

Zur Zeit der chilenischen Militärdiktatur unter General Augusto Pinochet bezahlten die Mapuche für ihren Unabhängigkeitsdrang einen blutigen Preis. Kaum eine andere Bevölkerungsgruppe wurde von den reaktionären Chargen der Armee so gejagt wie die Mapuche. Den Pinochet-Mördern boten sie derart widerspenstig die Stirn, dass der Diktator eigens Terrorgesetze erließ, um willkürlich Gegner aus ihren Reihen verschwinden zu lassen. Sie gelten in Teilen noch heute.

Ein Vierteljahrhundert nach der dunklen Pinochet-Ära ist das Streben nach Autonomie wieder aktuell. Davon darf sich auch Bundespräsident Joachim Gauck, bei seinem Treffen mit der chilenischen Zivilbevölkerung in dieser Woche vor Ort ein persönliches Bild machen.

Eine Gruppe mit dem Namen „Weichan Auka Mapu“ hat die Verantwortung für die Brandschläge übernommen. Rund ein gutes Dutzend katholischer und evangelischer Kirchen haben die radikalen Mapuche in den vergangenen Wochen bereits abgefackelt. Dabei achten die Attentäter stets penibel darauf, dass es nur zu Sachschäden kommt. Es geht der radikalen Gruppe vor allem darum, „Symbole der Repression und Landvertreibung der vergangenen Jahrhunderte“ zu attackieren, wie sie in ihren Bekennerschreiben schreiben. „Eigenes Land bedeutet Freiheit“ steht auf den Plakaten, die sie an den Tatorten hinterlassen. Und die Kirche stand nach Lesart der radikalen Mapuche stets auf der Seite der Unterdrücker, Kolonialherren und Großgrundbesitzer.

Deswegen brennen nun die Kirchen. Dem Rest der rund 600 000 Mapuche sind die Brandanschläge unangenehm. Zwar äußerten in einer Umfrage große Teile der Ureinwohner Verständnis für die Proteste, sie lehnen aber grundsätzlich den Einsatz von Gewalt ab. Der prominente Mapuche-Führer Patricio Colihuinca sagte: „Diejenigen, die das tun, fügen dem Ansehen des Volkes der Mapuche Schaden zu.“

Gauck kommt zu einem Zeitpunkt nach Chile, in denen sich Präsidentin Michelle Bachelet endlich um die Aufnahme direkter Gespräche bemüht. Jahrelang schenkten Links- wie Rechtsregierungen der Nach-Pinochet-Ära dem schwelenden Konflikt keinerlei Bedeutung. Jetzt aber versucht Bachelet, einen „Runden Tisch“ zu installieren und bat den Bischof von Temuco, Hector Eduardo Vargas, um Vermittlung. Für die beiderseitige Vergangenheitsbewältigung ein erster ernst zu nehmender Versuch schmerzhafte Wunden zu heilen.

 
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