Die deutsche Wirtschaft stemmt sich gegen die Arbeitsmarkt- und Rentenpläne von Union und SPD. Die geplanten neuen Milliarden-Sozialausgaben seien kurzsichtig und würden den Aufschwung gefährden. Bei der Rente drohten dramatische Beitragserhöhungen. „Das ist keine zukunftsfähige Sozialpolitik“, sagte der neue Arbeitgeber-Präsident Ingo Kramer am Dienstag in Berlin.
Als unsinnig lehnen die Unternehmen den gesetzlichen Mindestlohn sowie neue Vorschriften bei Zeitarbeit und befristeten Verträgen ab. Kramer räumte aber bei Werkverträgen, wo Firmen mit Fremdaufträgen Tarifstandards unterlaufen, Missbrauch in Einzelfällen ein. „Das ist nicht in Ordnung.“ Das hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) der Wirtschaft vorgehalten. Bundespräsident Joachim Gauck warnte Manager und Politik vor Selbstgefälligkeit.
Kramer, der Nachfolger von Dieter Hundt an der Spitze des Arbeitgeberverbandes BDA ist, warf Union und SPD Kurzsichtigkeit vor. Schon bald würden jährlich eine Million Arbeitnehmer altersbedingt als Beitragszahler ausfallen, Schwarz-Rot wolle aber neue Renten-Milliarden verteilen. „Wer die Sozialversicherung jetzt überfrachtet und die demografische Entwicklung ignoriert, produziert für die künftige Generation dramatisch steigende Sozialabgaben“, kritisierte Kramer.
Mit dem Mindestlohn wollen sich die Firmen nicht anfreunden. Bei derzeit etwa 15 000 Tarifverträgen gebe es nur 41 mit Einstiegslöhnen unter 8,50 Euro. Es mache ihn fassungslos, dass die Politik per Gesetz die Chancen von Langzeitarbeitslosen und Berufseinsteigern zunichte machen wolle.
Die Forderung der SPD nach schärferen Regeln bei befristeten Arbeitsverträgen sei scheinheilig. Der Staat und die öffentliche Hand selbst beschäftigten viel mehr Mitarbeiter befristet als die Wirtschaft. Beim Thema Energiewende forderte Kramer, alle Zuständigkeiten in einem Ministerium zu bündeln. EU-Energiekommissar Günther Oettinger betonte, es stünden viele Industriejobs auf dem Spiel.
Gauck ermahnte die mehr als 1500 Manager, angesichts der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt nicht auszuruhen. Der Standort Deutschland brauche Dynamik. Dabei müsse in der sozialen Marktwirtschaft die Balance zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern erhalten bleiben. „Die Sozialpartnerschaft hat sich bewährt, gerade auch in Krisen.“
Die Unternehmen rief Gauck angesichts des Fachkräftemangels und der älter werdenden Gesellschaft auf, mehr für Frauen, Familien oder Zuwanderer zutun. „Ja, deutsche Arbeitgeber werden auch künftig mehr geben müssen als Arbeit“, erklärte das Staatsoberhaupt.