SPD-Chef Sigmar Gabriel hat mit seinem Kurs im griechischen Schuldenstreit erhebliche Aufregung in seiner Partei ausgelöst. Gabriel bestätigte am Samstagabend, dass der Plan von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für eine fünfjährige Eurozonen-Auszeit Griechenlands nicht nur mit Kanzlerin Angela Merkel, sondern auch mit ihm abgestimmt war. In der SPD stieß dieser Vorstoß auf scharfe Kritik, in den sozialen Netzwerken wurde Gabriel massiv kritisiert.
Der Parteichef selbst bemühte sich, die Wogen zu glätten. „Die SPD verfolgt nach wie vor das Ziel, Griechenland in der Eurozone zu halten, wenn die dafür notwendigen Bedingungen geschaffen werden können. Das ist auch das gemeinsame Ziel der Bundesregierung“, sagte Gabriel am späten Samstagabend.
Der Vorschlag Schäubles für ein zeitlich befristetes Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone sei der SPD natürlich bekannt. „In einer derart schwierigen Situation muss auch jeder denkbare Vorschlag unvoreingenommen geprüft werden“, betonte Gabriel. Dieser „wäre aber nur realisierbar, wenn die griechische Regierung ihn selbst für die bessere Alternative halten würde“. Schäuble hatte ein entsprechendes Papier am Samstag beim Treffen der Euro-Finanzminister präsentiert.
SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider wertete den Vorstoß als Bedrohung für den Rest der Eurozone. Sein Parteifreund Hubertus Heil betonte, Schäubles Grexit-Plan habe nicht die Unterstützung der SPD. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs sprach am Sonntag auf Twitter von „fehlender geistiger Trennschärfe“. „Die SPD ist gegen einen Grexit auf Zeit. Wissen ist keine Zustimmung“, erklärte er mit Blick auf Gabriel.
Juso-Chefin Johanna Uekermann sagte: „Wenn Kanzlerin Merkel nicht für das Scheitern Europas verantwortlich sein will, muss sie Schäuble zurückpfeifen!“ Als Europapartei dürfe die SPD einen solchen Vorschlag nicht mittragen.
Die Bundestagsfraktionschefs der Grünen, Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter, warfen Schäuble vor, einen Kompromiss mit Griechenland zu sabotieren. „Schäubles Vorgehen ist nicht nur inakzeptabel, sondern verfassungswidrig“, erklärten sie am Sonntag. Die Bundesregierung könne eine so weitreichende Entscheidung nicht ohne den Bundestag treffen. Göring-Eckardt und Hofreiter kündigten eine Verfassungsklage an, falls der Vorschlag eines zeitweiligen Grexits aufrechterhalten werden sollte.
Schäubles Positionspapier zu Griechenland
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat am Wochenende in einem Positionspapier zwei Alternativen für das weitere Vorgehen im Streit um Griechenlands Schulden benannt. Auszüge aus dem Originaltext: „Den Vorschlägen fehlen höchst wichtige Reformbereiche, um das Land zu modernisieren, um langfristig wirtschaftliches Wachstum und eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. Das ist der Grund, warum diese Vorschläge nicht die Basis für ein komplett neues dreijähriges ESM-Programm bilden können, wie es von Griechenland angefragt wurde. Wir brauchen eine bessere, nachhaltigere Lösung, die den IWF an Bord behält. Es gibt nun zwei Möglichkeiten:“
1. „Griechenlands Führung muss seine Vorschläge schnell und deutlich verbessern, mit voller Unterstützung des Parlaments . . .“
2. „In dem Fall, dass Griechenland ein tragfähiges Schuldenniveau und eine glaubhafte Perspektive zur Umsetzung nicht im Vorfeld sicherstellen kann, sollten dem Land zügige Verhandlungen über eine Auszeit aus der Eurozone angeboten werden. Dies könnte mit einer möglichen Neustrukturierung der Schulden geschehen, wenn nötig in einem Format des Pariser Clubs [informelles Gremium für staatliche Gläubiger und Schuldnerländer] von mindestens fünf Jahren. Diese Auszeit-Lösung sollte begleitet werden von einer Unterstützung Griechenlands als EU-Mitglied und dem griechischen Volk mit wachstumssteigernder, humanitärer und technischer Betreuung in den nächsten Jahren.“