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HANNOVER
Gab Generalstaatsanwalt Geheimnisse preis?
Verdacht: Gab Frank Lüttig Interna weiter?
Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa | Verdacht: Gab Frank Lüttig Interna weiter?
reda
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:09 Uhr

Für Ex-Bundespräsident Christian Wulff ist Frank Lüttig nur der „Generalbluffanwalt“. In seinem 2014 erschienenen Buch „Ganz oben Ganz unten“ taucht der Celler Generalstaatsanwalt immer wieder auf. Und es sind keine Lobhudeleien, die Wulff zu Papier bringt. Auch wenn er Lüttig nicht direkt beschuldigt, Geheimnisse und Interna über seinen damals bereits mit einem Freispruch beendeten Korruptionsprozess an Journalisten weitergegeben zu haben – Wulff scheint es zumindest vermutet zu haben.

Denn im Anschluss an verschiedene Darstellungen von Lüttigs Gesprächen mit Medien stellt das frühere Staatsoberhaupt fest: „Die Weitergabe von Dokumenten ist (...) mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bedroht.“ Nun hat die Staatsanwaltschaft Göttingen Ermittlungen gegen den Celler Chefankläger eingeleitet, immerhin Nachfolger des heutigen Generalbundesanwalts Harald Range auf diesem Posten. Der Verdacht: Geheimnisverrat in den Fällen Christian Wulff und Sebastian Edathy. Knapp ein Jahr nach dem Ende des Wulff-Prozesses ist mit Lüttig mindestens eine Schlüsselfigur aufseiten der Staatsanwaltschaft ins Visier der Ermittler geraten. Wulff selbst äußert sich nicht. Gegen wen die Justiz in dem Fall noch aktiv ist, will Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) aus taktischen Gründen noch nicht sagen. Gut möglich, dass da ein noch prominenterer Name ans Tageslicht kommt. In Hannover kocht die Gerüchteküche längst wieder hoch.

Der frühere CDU-Justizminister und amtierende Landtagspräsident Bernd Busemann geht sogleich in die Offensive: Er habe „zu keinem Zeitpunkt“ irgendwelche Informationen zu Ermittlungsverfahren – etwa gegen Wulff – weitergeleitet, sagt er der Neuen Osnabrücker Zeitung. Busemann gilt als Förderer seines früheren Mitarbeiters und Parteifreundes Lüttig. Der wiederum hatte sich im Laufe des Wulff-Prozesses besonders lautstark gegen die wachsende Kritik an der Arbeit der federführenden Staatsanwaltschaft Hannover verwahrt. Es wirkt im Rückblick fast ironisch, wie Lüttig im Oktober bei einer Veranstaltung in seiner Behörde das Spannungsfeld zwischen Justiz und Medien umschrieb: Entweder die Justiz gebe Informationen preis, riskiere Vorwürfe und verletzte die Unschuldsvermutung – „oder sie schweigt und wird deshalb von den Medien angegriffen“.

Nach Ansicht der Göttinger Staatsanwaltschaft hätte Lüttig aber wohl besser häufiger geschwiegen. Denn jetzt droht dem bislang unbescholtenen Juristen Lüttig nicht nur ein Strafverfahren, an dessen Ende eine Haft- oder Geldstrafe drohen könnte. In Hannover heißt es am Freitag, seine Suspendierung sei nur noch eine Frage der Zeit. Offizielle Stellungnahmen von Lüttig gibt es keine. Es wundert aber nicht, dass es heißt, er weise die Vorwürfe zurück.

Doch es geht nicht nur um den Fall Wulff. Auch dessen einstiger Sprecher Olaf Glaeseker und der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy zählen zu den Prominenten, deren Akten in den vergangenen Jahren über Lüttigs Schreibtisch gingen. Dabei ist die Sachlage im Kinderporno-Verfahren gegen Edathy besonders pikant. Am Montag soll in Verden der Prozess beginnen. Und wie Wulff seinerzeit hat auch Edathy wiederholt über Indiskretionen aus Reihen der Ermittler geklagt. Die Ermittlungen gegen Lüttig könnten durchaus Einfluss auf das Verfahren haben, sagt Gerichtssprecherin Katharina Krützfeldt.

 
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