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HANNOVER
Furtwängler nutzt Gericht als Bühne
Rudi Wais
Rudi Wais
 |  aktualisiert: 05.12.2013 18:58 Uhr

Eigentlich fragt ein Mann eine Frau nicht nach ihrem Alter – und eine prominente Fernsehheldin schon gar nicht. Maria Furtwängler, „Tatort“-Star aus Hannover und im richtigen Leben mit dem Münchner Verleger Hubert Burda verheiratet, lässt den Vorsitzenden Richter Frank Rosenow erst einmal mit einem koketten Lächeln abblitzen. „Muss ich darauf antworten?“ Natürlich weiß sie, dass eine Zeugenvernehmung mit der Aufnahme der Personalien beginnt. Der Reiz, daraus einen kleinen Auftritt zu machen, aber ist in diesem Moment einfach zu groß. Ist so ein Gerichtssaal nicht irgendwo auch eine Bühne? Ihre Bühne?

Maria Furtwängler-Burda, 47 Jahre, Schauspielerin und Ärztin von Beruf, war bei jener denkwürdigen Feier dabei, die den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff vor die Zweite Große Strafkammer des Landgerichtes Hannover gebracht hat. Ob der damalige Ministerpräsident von Niedersachsen sich für die Einladung auf das Oktoberfest bei seinem Freund, dem Filmunternehmer David Groenewold, anschließend mit einer kleinen politischen Gefälligkeit revanchiert hat, ob er womöglich gar bestechlich war, wie die Staatsanwaltschaft behauptet – dieser Verdacht allerdings lässt sich auch nach der Aussage der Zeugin Furtwängler nicht erhärten. Dafür, immerhin, weiß der Rest der Republik jetzt, dass den Burdas offenbar wenig so unangenehm ist wie ein Besuch auf der Wiesn.

„Unendlich dampfig“

„Unendlich voll, unendlich stickig, unendlich dampfig.“ So hat Maria Furtwängler den Abend des 27. September 2008 in Erinnerung, zu dem sie als eine der Letzten kam und als eine der Ersten wieder ging. An einer Maß Bier, sagt sie, nippe sie in der Regel nur, und auch die obligatorischen Brezen seien nichts für sie. Das Gluten! Wer am Ende in ihrer Box im Käfer-Zelt für wen die Zeche bezahlt habe, kann die prominente Fernsehfrau nicht sagen. Nur eines sei sicher: „Ich war's nicht.“

Üblicherweise, erzählt sie, übernehme so etwas ja ihr Mann. Der aber ist erstens, wie er selbst gerade erzählt hat, „nicht so der Oktoberfestgeher“, und zweitens außen vor. „Ich bin davon ausgegangen, dass ich eingeladen bin“, sagt Hubert Burda. Von wem? „Vom Wulff.“

So war es zwar nicht, wie man inzwischen weiß, weil Groenewold den Tisch bestellt und bezahlt hat und einen Teil von Christian Wulffs Hotelrechnung gleich mit. Aus Hubert Burdas Sicht aber spielt das auch keine Rolle – er hatte sich damals mit Wulff auf dem Oktoberfest nicht zu einem feucht-fröhlichen Privatissimum verabredet, sondern war sozusagen in offizieller Mission unterwegs, als Präsident der deutschen Zeitschriftenverleger. Die liefen im Herbst 2008 Sturm gegen den neuen Rundfunkstaatsvertrag und die Pläne der öffentlich-rechtlichen Sender, mit ihren Gebührenmilliarden eine Art elektronische Zeitung im Internet zu etablieren. Das von seiner Frau am Rande ihrer Dreharbeiten in Hannover mit eingefädelte Treffen mit Wulff in München, dachte Burda, wäre eine Gelegenheit, das Thema noch einmal anzusprechen, auch wenn es am Ende nur „vier oder fünf Sätze“ waren, die sie in dieser Sache gewechselt hätten. „Dann wurde es laut.“

Mit seiner Aussage bestätigt Burda im Kern, was auch Wulff zu Prozessbeginn schon betont hat: Dass er nicht nur als Privatmann für ein Wochenende in München war, sondern auch als Ministerpräsident – zum Beispiel, um mit dem Verlegerpräsidenten über die Medienpolitik der Länder zu sprechen. In diesem Fall hätte er sein Hotel auch über die Staatskanzlei in Hannover abrechnen können und von einer Einladung Groenewolds gar keinen Vorteil gehabt.

Ansonsten sind die Erinnerungslücken der Zeugen nach fünf Jahren naturgemäß groß. Hubert Burda etwa weiß bis heute nicht, wer damals eigentlich noch alles mit am Tisch saß, weil es offenbar ein ständiges Kommen und Gehen war. Dafür erinnert der 73-Jährige sich umso genauer, was er gegessen hat, nämlich Schweinswürstl mit Kraut. Die bestellt er immer, wenn er auf die Wiesn muss.

„Ehrlich gesagt: Keine Ahnung“

Auch Ehefrau Maria, die erst einmal einen Blick in ihr Publikum wirft, ehe sie sich auf den Zeugenstuhl setzt, ist dem Gericht an diesem Vormittag keine große Hilfe. Worüber sie sich denn so unterhalten habe mit dem Ehepaar Wulff? „Ehrlich gesagt: Keine Ahnung“, sagt sie. Als Richter Rosenow wissen will, wann sie an diesem Abend eigentlich auf die Wiesn gekommen sei, wie früh oder wie spät, wird ihr Ton noch etwas kühler. „Das ist nicht Ihr Ernst“, entgegnet sie – und stellt plötzlich selbst die Fragen. „Was könnte meine Aussage im allerbesten Fall zur Klärung beitragen?“, will Maria Furtwängler wissen, ehe sie geht. Rosenow aber kontert nur trocken: „Das werden Sie bei der Urteilsverkündung erfahren.“

 
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