Es ist ein altbekanntes Kapitel im Übergang zu einer autokratischen Staatsform: Der Machthaber schafft Grenzen ab, die ihm die Verfassung setzt. Diesen Schritt geht nun Chinas Präsident Xi Jinping. Seine Partei ist mit dem Vorschlag vorgeprescht, die Beschränkung auf zwei Amtszeiten für ihn aufzuheben. Das bestätigte die Kommunistische Partei Chinas. Da sie das Parlament vollständig unter Kontrolle hat, gilt die Umsetzung der Verfassungsänderung als sicher.
Die Parteioberen beeilten sich, den Schritt zu rechtfertigen. Um eine „konsistente Führung“ sicherzustellen, insbesondere während schwieriger Übergänge bis zum Jahr 2035, sei die Verfassungsänderung im höchsten Interesse der Nation, ließ sich Su Wei von der Parteihochschule in der Provinz Chongqing zitieren. Denn nur unter starker Führung könne der „Sozialismus mit chinesischen Charakteristiken“ Wirklichkeit werden.
Kontrollsystem untergraben
Xi ist seit 2012 Parteichef und hat seitdem die Macht im Land auf seine Person fokussiert. Er hat das Amt des Premierministers auf eine Statistenrolle reduziert und politische Gegner in mehreren Kampagnen ausschalten lassen. Damit untergräbt er ein System gegenseitiger Kontrolle, das der Reformer Deng Xiaoping Ende der 70er Jahre geschaffen hat. Deng wollte damit die Wiederholung der schrecklichen Exzesse verhindern, die es unter Diktator Mao gab.
Deng war von den Erfahrungen der Zeit von 1949 bis 1976 motiviert: Mao ließ sich nicht absetzen, selbst dann, als er dem Land fast nur noch geschadet hat. Nach Maos Tod war die Nachfolge nicht geregelt, Chaos brach aus. Seit 1982 hat die Übergabe dann jedoch viermal gut geklappt. Die Präsidenten sind seitdem auch alle wie vorgesehen nach einer oder zwei Amtszeiten abgetreten. Xi setzt sich nun über das System Deng hinweg. Er selbst spricht viel von der „Stärkung des Rechtsstaats“ – doch nun soll der für ihn selbst nicht gelten. Formal ist es für Xi Jinping kein Problem, die Verfassung zu ändern – insofern verläuft der Übergang faktisch legal. Der 64-Jährige befindet sich erst am Ende seiner ersten Amtszeit, er lässt sich also eher vorausschauend den Weg für eine längere Präsidentschaft ebnen. Parteichef und Oberbefehlshaber der Armee kann er ohnehin unbegrenzt bleiben.
Xi will den Chinesen jedoch nicht nur als politischer Führer lange erhalten bleiben, er will sie auch noch mehr als bisher auf seine Weltsicht einschwören. Der zweite Vorschlag des höchsten Parteigremiums lautet, das „Xi-Jinping-Denken“ in die Verfassung des Landes einzubauen. Es ist dann nicht nur Unterrichtsstoff und Hauptgegenstand der Propaganda, es hat dann auch Gesetzesrang.