
Peer Steinbrück ist sich ganz sicher: „Diese Bundestagswahl wird auf dem gesellschaftlichen Feld entschieden.“ Vieles in Wirtschaft und Gesellschaft, sagt der Kanzlerkandidat der SPD, sei in diesem Lande „aus dem Lot geraten“, auch wenn Deutschland im Vergleich zu den Krisenländern in seiner Nachbarschaft dastehe wie „Alice im Wunderland“. Und doch habe sich die Lage für viele Menschen deutlich verschlechtert. Acht Millionen Beschäftigte müssten sich mit Niedriglöhnen zufrieden geben, die Kluft zwischen Reichen und Armen werde immer tiefer, die Kommunen litten unter einer dramatischen Finanzausstattung, sozialer Aufstieg durch Bildung finde kaum mehr statt.
Als Kanzler, verspricht er am Montag im Willy-Brandt-Haus bei der Vorlage des 100-seitigen Entwurfs des SPD-Regierungsprogramms, das auf dem Parteitag in Augsburg Mitte April verabschiedet werden soll, werde er alles tun, damit es in Deutschland wieder gerechter zugehe. Er setze dabei auf eine starke Wirtschaft, eine lebende und selbstbewusste Bürgergesellschaft und einen handlungsfähigen Staat, die gemeinsam „ein neues soziales Gleichgewicht“ schaffen sollen. Schwarz-Gelb sei dazu nicht in der Lage. Jeder solle seinen Platz haben, von seiner Arbeit leben können und die Chance haben, am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Mit der Tatsache, dass die SPD stärker nach links gerückt sei, habe er keine Probleme, sagt er. Unter anderem sieht das Regierungsprogramm der SPD vor:
Der Spitzensteuersatz soll für Einkommen ab 100 000 Euro (Ledige) beziehungsweise 200 000 Euro (Verheiratete) auf 49 Prozent angehoben werden. Kapitalerträge sollen künftig mit 32 statt mit 25 Prozent besteuert werden. Durch die Zusammenlegung von Kindergeld und Kinderzuschlag soll verhindert werden, dass Familien mit geringen und mittleren Einkommen unter das Hartz-IV-Niveau rutschen. Zusammen mit dem flächendeckenden Ausbau der Ganztagesplätze an Kitas und Schulen soll eine Kindergrundsicherung entstehen.
In ganz Deutschland soll ein einheitlicher für alle Branchen geltender gesetzlich festgelegter Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde eingeführt werden. Leiharbeiter sollen grundsätzlich den gleichen Lohn erhalten wie die Mitarbeiter der Stammbelegschaft. Die volle Rente ohne Abschläge soll es ab 63 Jahren nach 45 Versicherungsjahren geben, eine Teilrente bereits ab 60 Jahren. Wer mindestens 30 Beitrags- und 40 Versicherungsjahre nachweisen kann, erhält eine sogenannte Solidarrente von 850 Euro. Die SPD hält am Ziel fest, das bisherige System aus privater und gesetzlicher Krankenkasse abzuschaffen und durch eine einheitliche Bürgerversicherung zu ersetzen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden die Beiträge wieder je zur Hälfte aufbringen.
Die SPD fordert zudem eine stärkere Regulierung des Bankensystems, die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, die Trennung der Konzerne in Geschäfts- und Investmentbanken und den Aufbau eines eigenen Rettungsschirms durch die Banken, damit die Risiken für die Steuerzahler minimiert werden.