Der griechische Premierminister Alexis Tsipras spricht von einem „historischen Schritt“ – und ist nicht der Einzige, der so große Worte gebraucht. „Skopje und Athen haben Geschichte geschrieben“, erklärte Bundesaußenminister Heiko Maas in Berlin, nachdem Tsipras und sein mazedonischer Amtskollege Zoran Zaev am Dienstagabend eine Einigung im Streit um den Staatsnamen des Nachbarlandes Mazedonien verkündet hatten.
In Zukunft soll der Staat „Republik Nord-Mazedonien“ heißen. Das Land hatte sich 1991 vom zerfallenden Jugoslawien gelöst und als „Republik Mazedonien“ seine Unabhängigkeit erklärt. Griechenland sah darin Ansprüche auf die nordgriechische Region Mazedonien und setzte durch, dass der Nachbar in internationalen Organisationen unter dem sperrigen Namen „Frühere jugoslawische Republik Mazedonien“ firmierte.
„Historische Vereinbarung“
Mit dem Kompromiss im Namensstreit, der in sechsmonatigen intensiven Verhandlungen ausgehandelt wurde, öffnet sich Mazedoniens Weg in die Europäische Union, den Griechenland bisher mit einem Veto blockierte. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sprach in Brüssel von einer „historischen Vereinbarung“. Schon am 28. Juni könnte der EU-Gipfel die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen beschließen. EU-Ratspräsident Donald Tusk twitterte an Tsipras und Zaev: „Dank Ihnen wird das Unmögliche möglich.“
Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg würdigte die Einigung als „historisches Abkommen“. Beim Nato-Gipfel in Brüssel am 11. Juli dürfte die Allianz eine Einladung an Mazedonien aussprechen, dem Bündnis beizutreten. „Das wird helfen, Frieden und Stabilität in der West-Balkan-Region zu festigen“, sagte Stoltenberg. Von der Einbindung Mazedoniens in die Nato und die EU verspricht man sich im Westen, den wachsenden Einfluss Russlands auf dem Balkan zurückzudrängen.
Die Außenminister und die Regierungschefs der beiden Nachbarländer wollen die Übereinkunft an diesem Samstag in einer feierlichen Zeremonie beim Grenzort Prespes besiegeln. Noch ist die Lösung des Namensstreits allerdings nicht in trockenen Tüchern. In Skopje will Premier Zaev die Vereinbarung so schnell wie möglich durchs Parlament bringen. Ob er eine Mehrheit für die im Herbst geplante Verfassungsänderung finden wird, ist aber offen.
Vor Griechenland kapituliert?
Die nationalistische Opposition wirft Zaev vor, er habe vor Griechenland „kapituliert“. Auch dort regt sich Widerstand. Der konservative Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis spricht von einem „schlechten Deal“. Nationalistische Organisationen planen bereits Massenproteste im ganzen Land. Auch Tsipras‘ Koalitionspartner, die rechts-nationalistische Partei Unabhängige Griechen, will dem Abkommen nicht zustimmen.
Mit der Vereinbarung haben Tsipras und Zaev die Weichen für einen Beitritt Mazedoniens zur EU und Nato gestellt. Das dürfte unumkehrbar sein, selbst wenn die Ratifizierung des Abkommens doch noch scheitern sollte.