Er wollte das Haus unbedingt in Jaffa errichten, jener alten Hafenstadt, deren Mauern jahrhundertelang Araber und Juden gemeinsam beherbergten. Dieses Zusammenleben wieder Realität werden zu lassen, und zwar im gesamten Nahen Osten, das war die Vision des Schimon Peres. Deswegen investierte er seinen Anteil am Friedensnobelpreis in die „Peres Friedensstiftung“, die heute in Tel Aviv-Jaffa in einem spektakulären, vom italienischen Stararchitekten Massimiliano Fuksas entworfenen Gebäude direkt am Strand des Mittelmeeres zu Hause ist und jedes Jahr Tausende Juden und Araber miteinander in Kontakt bringt. Diese Stiftung ist jetzt sein Vermächtnis.
Am Mittwoch ist Schimon Peres am frühen Morgen in einer Klinik bei Tel Aviv gestorben. Er hatte vor zwei Wochen einen Schlaganfall mit Hirnblutung erlitten und lag seither im Koma.
Die Trauer in Israel und weltweit ist groß. Peres, der 93 Jahre alt wurde, gehörte zu den Gründern Israels. Er hatte alle wichtigen politischen Funktionen inne, die es gibt: Staatspräsident, Regierungschef, Verteidigungsminister, Außenminister - und Oppositionsführer.
Der Friedensnobelpreis stellte den Höhepunkt seines politischen Lebens dar. Peres, zu jener Zeit Außenminister, erhielt ihn 1994 gemeinsam mit Yitzak Rabin und dem Chef der Palästinensischen Befreiungsfront (PLO) Jassir Arafat. Ungewöhnlich war, dass auf israelischer Seite nicht nur der Regierungschef, sondern auch der Außenminister bedacht wurde. Aber Peres war einer der Architekten des „Oslo-Friedensprozesses“: Dabei handelte es sich um geheime Gespräche mit der palästinensischen Seite, die anfangs der 90er-Jahre teils unter Vermittlung der norwegischen Regierung abliefen. Am Ende standen Verträge, die den Palästinensern die autonome Verwaltung in Teilen des Westjordanlands und im Gazastreifen gewährten. Im Gegenzug strich die PLO das Ziel, Israel vernichten zu wollen.
Peres ging locker mit dem zuvor als Terroristen geschmähten Arafat um.
Während bei einer Unterzeichnungszeremonie in Washington US-Präsident Bill Clinton Rabin zu einem Handschlag mit Arafat förmlich drängen musste, ließ sich Peres zwei Tage nach Erhalt des Nobelpreises mit dem Palästinenserboss in einer Hotellobby fotografieren: Beide hatten zuvor auf eine Tafel auf englisch und arabisch das Wort „Frieden“ gemalt.
Die großen Hoffnungen, die durch den Oslo-Prozess geweckt und mit dem Friedensnobelpreis geadelt wurden, haben allerdings bis heute nicht zum Frieden geführt. Im Gegenteil, es kam zu dramatischen Gegenreaktionen. 1995 wurde Rabin von einem fanatischen orthodoxen Juden erschossen und Peres musste als Ministerpräsident nachrücken. Auf palästinensischer Seite führten enttäuschte Hoffnungen vom Jahr 2000 an zu einer Welle von Gewalttaten, die als Zweite Intifada bekannt wurde.
Peres schien unverzichtbar für die israelische Politik. Sechs Jahrzehnte diente er in öffentlichen Ämtern. 2007 kam überraschend auch noch das höchste Staatsamt auf ihn zu: Als 83-Jähriger wurde er zum 9. Präsidenten Israels gewählt. Bis vor zwei Jahren füllte er mit seiner Integrationskraft und seinem hohen Ansehen diese Funktion aus.
Angefangen hat die Karriere des in Wiszniew (damals Polen, heute Weißrussland) geborenen und 1934 nach Israel ausgewanderten Peres in den späten 40er-Jahren. Der junge Mann, der zeitweise im Kibbuz lebte, war damals keine „Taube“. Im Auftrag von Israels erstem Premierminister David Ben Gurion besorgte er, unter Umgehung des Embargos, Waffen für die Armee. Mit 29 Jahren war er Generaldirektor im Verteidigungsministerium und startete das israelische Atomprogramm.
Berühmt wurde Verteidigungsminister Peres 1976 durch die „Operation Entebbe“: Israelische Sicherheitskräfte beendeten in Uganda die Entführung eines französischen Passagierjets und befreiten 102 meist israelische Geiseln. In den 80er-Jahren war Peres Ministerpräsident, als mit der „Operation Moses“ 8000 äthiopische Juden nach Israel geholt wurden.
Deutschland streckte Peres, der Familienangehörige im Holocaust verloren hatte, die Hand zur Versöhnung aus. 2010 sprach er im Bundestag von einer „einzigartigen Freundschaft“. Zum Begräbnis am Freitag in Jerusalem werden Spitzenpolitiker aus aller Welt erwartet.