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Freund oder Konkurrent?
Ausgerechnet kurz vor dem EU-China-Gipfel verliert die EU ihre wirtschaftspolitische Geschlossenheit und streitet darüber, wie sie mit Peking umgehen soll.
Peter Altmaier (CDU), Bundeswirtschaftsminister, schaut sich auf der Bauma einen 3D-Drucker der Marke Bauer an. Die Bauma findet alle vier Jahre statt und ist das weltgrößte Branchentreffen der Baumaschinenhersteller.
Foto: Sina Schuldt, dpa | Peter Altmaier (CDU), Bundeswirtschaftsminister, schaut sich auf der Bauma einen 3D-Drucker der Marke Bauer an. Die Bauma findet alle vier Jahre statt und ist das weltgrößte Branchentreffen der Baumaschinenhersteller.
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 15.04.2019 02:13 Uhr

Der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang streute schon vorab ein paar Freundlichkeiten. „Wir unterstützen nachdrücklich den europäischen Integrationsprozess in der Hoffnung auf ein vereintes und prosperierendes Europa“, schrieb der Politiker am Montag in einem Gastbeitrag für das „Handelsblatt“. Pekings intensive Zusammenarbeit mit osteuropäischen Ländern sei „vorteilhaft für die Geschlossenheit der EU.“ Das klingt allerdings eher wie Hohn in den Ohren der Europäer. Dass sich nur wenige Tage zuvor Italien von Peking für das Projekt „Seidenstraße“ verpflichten ließ, ohne sich zuvor mit Brüssel abzustimmen, hat für Verstimmung gesorgt. Griechenland verpachtete auf der Suche nach privaten Investitionen ausgerechnet den strategisch wichtigen Hauptstadt-Hafen Piräus an Peking. Die Führung aus Fernost setzt sich dem Verdacht aus, die EU auseinandertreiben zu wollen – und erwischt die Union dabei auf dem falschen Fuß.

Denn im Angesicht der immer sichtbareren technologischen Führung Chinas bricht in der Gemeinschaft ein Streit über den künftigen industriepolitischen Kurs auf. Einer der Auslöser war die Auseinandersetzung um die deutsch-französische Bahn-Ehe zwischen Siemens und Alstom, die ihre beiden Hochgeschwindigkeitszüge ICE und TGV zusammen bauen wollten. Sowohl Staatspräsident Emmanuel Macron wie auch Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützten den Plan.

Böse Kommentare für Altmaier

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sprach von einem „europäischen Airbus auf der Schiene“ und forderte mehr „europäische Champions“. Als sich herauskristallisierte, dass die Wettbewerbshüter der Brüsseler Kommission das Vorhaben ablehnen würden, hagelte es böse Kommentare. Tenor: Es könne zwar sein, dass eine Fusion von Siemens und Alstom aus europäischer Sicht zu einem Monopol führen würde. Dann solle man eben die Regeln ändern, um auf dem Weltmarkt gegen Chinas Konzerne bestehen zu können.

In der Vorwoche trafen Altmaier und Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager in Brüssel zu einem Streitgespräch aufeinander. Dabei zeigten sich die Unterschiede deutlich. Altmaier sprach sich für europäische Schwergewichte auf dem Markt aus. Vestager verwies dagegen auf die Exzellenz des europäischen Mittelstandes, ohne die Wichtigkeit von „EU-Champions“ auszulassen. Die EU schlingert, während China seine Aufholjagd vor allem bei digitalen Technologien, bei der Künstlichen Intelligenz und der Informationsverarbeitung fortsetzt und kurz davor steht, die USA zu überholen. „In aufstrebenden Märkten drohen wir, unsere Stellung als Innovationsführer ganz zu verlieren: Schon jetzt zieht China weitaus mehr Investitionen im Bereich der Künstlichen Intelligenz an als Europa“, sagte die industriepolitische Sprecherin der SPD im Europa-Parlament, Martina Werner.

Möglichkeit für deutsche Investoren

„China stößt in Lücken, die Europa nicht füllen kann“, analysierte erst vor wenigen Tagen EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger – und bezog das auf den neuen Mobilfunk-Netzstandard 5G und die chinesischen Anbieter Huawei. Brüssel wiederum sieht sich im Hintertreffen, wenn die Regierung in Peking ihre Vorzeigeunternehmen staatlich subventioniert – und will zum einen, dass das Land sich für den Wettbewerb öffnet, und zum anderen auch deutschen Investoren die Möglichkeit gibt, sich in chinesische Betriebe einzukaufen. Reinhard Bütikofer, Chef der europäischen Grünen, riet der EU deshalb dazu, „Kooperationsbereitschaft mit klarer Kante verfolgen“ – nicht zuletzt bei den Menschenrechten.

Beim Gipfeltreffen vor einem Jahr verliefen die Gespräche zwar freundlich, eine schriftliche Vereinbarung kam aber nicht zustande. Und auch für die heutige Begegnung stehen die Zeichen nicht gut: die Gespräche der Unterhändler, die in den vergangenen Tagen eine schriftliche Schlusserklärung zu allen diesen Fragen entwerfen sollten, kamen bis zum Montag nicht weiter.

 
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