Seit März 2011 werden keine Wehrpflichtigen mehr eingezogen, die Bundeswehr ist seither eine Freiwilligenarmee. Die Bürgergesellschaft müsse sich wieder mehr der Bundeswehr zuwenden, um den Rechtsextremismus innerhalb der Truppe zu kontrollieren und aufzudecken. Das fordert Michael Wolffsohn, ehemaliger Professor an der Bundeswehrhochschule München. Um die Bundeswehr wieder zum Spiegel der Gesellschaft zu machen, brauche es die Wiedereinführung der allgemeinen Dienst- oder Wehrpflicht.
Michael Wolffsohn: Nicht bei der Bundeswehr, doch offenkundig in der Bundeswehr. Mich wundert das nicht, denn der Großteil der Bundesbürger entzieht sich seit langem der Bundeswehr. In dieses von der Gesellschaft und dann der Politik geschaffene Vakuum stoßen Rechtsextremisten und auch Islamisten.
Wolffsohn: Wollen Sie etwa auch Ex-Offiziere der Wehrmacht wie Gerd Schmückle in die Nazi-Ecke stellen? Auch bei Heusinger sieht das wahre Bild anders aus. Nicht zuletzt diese Männer haben das großartige Konzept „Bürger in Uniform“ und „Innere Führung“ mitaufgebaut.
Wolffsohn: Rechtes Gedankengut in der Bundeswehr war immer ein Thema. Da aber lange die allgemeine Wehrpflicht galt, also die Mehrheit junger, männlicher Bürger in der Bundeswehr diente und die Bundeswehr ein Spiegel der Gesellschaft war, wurde der Rechtsextremismus von innen und außen kontrolliert und aufgedeckt.
Wolffsohn: Leider ja. Die Ursache ist aber diese Tatsache: eine Mini-Minderheit der Bürger trägt Uniform. Wenn sich die demokratische Allgemeinheit der Bundeswehr entzieht, gibt es dort viele wunderbare, doch überlastete Idealisten und zunehmend Extremisten.
Frau von der Leyen bricht mit der Tradition des Verdeckens. Das ist ebenso großartig wie mutig.
Wolffsohn: Die Extremisten kommen vermehrt neben demokratischen Idealisten. Die Bürgermehrheit sagt „Ohne mich“. Solange das gilt, wird es noch viel mehr Extremisten geben. Die Demokraten machen es denen leicht.
Wolffsohn: Erstens die Bürgergesellschaft, zweitens die Verantwortlichen Kommandeure, die alles unter den Teppich gefegt haben und dabei ihre Dienstpflicht zur Information verletzten. Wer die Ministerin verantwortlich macht, lenkt von den Tatsachen ab. Hätte sie vorher alle und alles untersuchen lassen, wäre das Wort „Schnüffelstaat“ und „Big Brother“ gefallen.
Wolffsohn: Frau von der Leyen beim Ausmisten helfen. Aber mehr als die Bundeswehr müssen die Bundesbürger leisten, letztlich wieder die Allgemeine Dienst- oder Wehrpflicht.