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PARIS
Frankreich tief getroffen
National Memorial Service at the Invalides       -  Zentrale Trauerzeremonie: Frankreichs Präsident François Hollande vor Überlebenden und Angehörigen der Terroropfer.
Foto: Philippe Wojazer, dpa | Zentrale Trauerzeremonie: Frankreichs Präsident François Hollande vor Überlebenden und Angehörigen der Terroropfer.
Birgit Holzer
 |  aktualisiert: 07.12.2015 03:53 Uhr

An diesem Pariser Herbsttag kommen die Farben Blau, Weiß, Rot besonders zur Geltung. Im grauen Nebel vor ansatzlosem Himmel stechen die Farben der französischen Nationalfahne am Freitag sofort ins Auge, auch an den Sandsteinfassaden der sonst so imposanten Häuser der Hauptstadt. Ein Fahnenmeer, wie es sich Präsident François Hollande erhofft hatte, ist es zwar nicht geworden. Doch haben viele Menschen in Paris und anderen Städten die „drapeau tricolore“ an ihre Fenster drapiert, vor Balkone gebunden, an Fassaden gehängt.

Mit einer nationalen Trauerfeier verabschiedet sich Frankreich an diesem Tag von den jüngsten Opfern des Terrors, der das Land seit den Anschlägen auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ in Atem hält. Doch während im Januar noch Meinungsfreiheit und das jüdische Frankreich als Werte im Mittelpunkt standen, die vor dem islamistischen Terror zu schützen sind, sieht sich nach den Anschlägen vom 13. November eine ganze Generation angegriffen und in ihrem Lebensgefühl bedroht.

Die getroffene Generation

Es gibt auch 14 Tage nach den jüngsten Anschlägen noch Menschen, die ihre Wohnung am liebsten nicht verlassen wollen, sich kaum nach draußen wagen, für die ein Glas Wein vor einer der unzähligen Bars derzeit undenkbar scheint. Ein Tisch vor Kneipen und Restaurants, „etre en terrasse“, ist für die meisten Menschen in Paris sonst fester Bestandteil des Lebens – im Winter werden dafür ganze Straßenzüge der einschlägigen Viertel von Heizstrahlern erwärmt.

Doch Präsident François Hollande zeigt sich während der Trauerfeier zuversichtlich: „Die junge Generation wurde getroffen, aber sie hat keine Angst.“ Diese Generation werde leben und das Gesicht Frankreichs von morgen prägen. „Sie wird im Namen der Toten leben, um die wir heute weinen.“ Die Trauerfeier im Ehrenhof neben dem Invalidendom ist schlicht gehalten und wirkt noch stiller als die nach den Anschlägen vom Januar. Die Marseillaise, das in diesen Tagen häufig und an allen erdenklichen Orten zu hörende nationale Lied der Franzosen, erklingt gleich zweimal. Dezent zur Ankunft des Präsidenten, kraftvoll von einem Chor begleitet zum Ende der knapp einstündigen Zeremonie.

Die bewegendsten Momente sind die ruhigsten: Nur von leiser Musik begleitet erscheinen auf einer großen Leinwand Fotos der 130 Todesopfer. Später werden auch ihre Namen verlesen und ihr Alter. Die meisten Opfer waren nicht mal 35 Jahre alt.

Kurz zuvor hatte Hollande einen Kurswechsel eingeleitet: Frankreich erwägt nun eine Zusammenarbeit mit den Truppen des geächteten syrischen Regimes, um die Terrormiliz Islamischer Staat zu besiegen. Der Vorstoß kam am Freitag von Außenminister Laurent Fabius – genau zwei Wochen nach den Anschlägen. Gegner des Regimes von Baschar al Assad reagierten empört und nannten Assad einen Terroristen, der mit dem IS gemeinsame Interessen verfolge. Doch auch Deutschland schließt inzwischen eine Zusammenarbeit des Westens mit der syrischen Armee im Kampf gegen den IS nicht mehr aus.

Syriens Staatschef Assad gilt als Hauptverantwortlicher für den Bürgerkrieg. Der Konflikt hat seit 2011 mehr als 250 000 Menschen das Leben gekostet und Millionen Syrer in die Flucht geschlagen. Nach den Terroranschlägen in Paris versucht Präsident François Hollande aber nun, eine möglichst breite Koalition gegen die sunnitische Miliz zu schmieden.

„Henker“ und Verbündeter

Fabius erklärte, im Kampf gegen den IS seien auf der einen Seite Luftangriffe nötig, auf der anderen Seite aber auch Bodentruppen. Letztere müssten die oppositionelle Freie Syrische Armee, sunnitisch-arabische Kräfte „und warum nicht auch Kräfte des Regimes“ stellen. Bodentruppen könnten jedenfalls nicht von Frankreich kommen. Noch vor wenigen Wochen hatte Hollande betont, man könne keinesfalls die moderate und demokratische Opposition mit dem „Henker des eigenen Volkes“ zusammenbringen.

Bei einem Treffen sicherte Russlands Staatschef Wladimir Putin Hollande zu, bei Luftangriffen in Zukunft die gemäßigte syrische Opposition zu schonen. Bislang hatte Russland alle Gegner ihres Verbündeten Assad als Terroristen eingestuft und bekämpft. Die Bundesregierung betonte, Assad könne nicht Teil einer dauerhaften Lösung sein. Aber: „Es besteht Einigkeit bei allen Partnern, dass die staatlichen Strukturen in Syrien erhalten bleiben müssen. Dazu gehört auch die syrische Armee“, so ein Regierungssprecher. Mit dpa

 
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