Die Hochwasser-Katastrophe sorgt auch nach mehr als einer Woche für dramatische Stunden an den Deichen. Die Wucht der Flut ließ am Montag einen Elbedamm in Sachsen-Anhalt brechen. Wassermassen fluteten Teile des Landkreises Stendal, Tausende Menschen mussten sich in Sicherheit bringen. Nach einer Brückensperrung kam es zu großen Verspätungen im ICE-Verkehr. Weiter nördlich in Brandenburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein hofften die Helfer, dass Massen von Sandsäcken die Elbeflut bändigen können. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) traf am Nachmittag im brandenburgischen Wittenberge ein, um sich ein Bild der Lage zu machen.
Die Flutschäden in ganz Deutschland werden inzwischen auf eine zweistellige Milliardensumme geschätzt. Ein ohnehin geplantes Treffen der 16 Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Merkel soll an diesem Donnerstag um Gespräche zur Fluthilfe erweitert werden.
So trocken war der Boden vor einem Jahr:
Der Deich beim Ort Fischbeck im Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt war gegen Mitternacht auf einer Länge von rund 50 Metern gebrochen, 1000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde schossen in die Fläche. Die Gemeinde stand am Mittag rund einen Meter unter Wasser. Etwa 3000 Menschen mussten sich in der Region in Sicherheit bringen, weitere Evakuierungen waren geplant.
So feucht ist der Boden jetzt:
Das Hochwasser behindert auch weiterhin den Bahnverkehr. Wegen der Sperrung einer Elbbrücke bei Schönhausen in Sachsen-Anhalt kommt es auf den Strecken zwischen Hannover und Berlin sowie Frankfurt am Main und Berlin noch immer zu Verspätungen von einer bis zu etwa drei Stunden, wie die Deutsche Bahn am Montag mitteilte. Außerdem fallen einige Zugverbindungen aus. Da die Brücke möglicherweise auch am Dienstag nicht befahrbar sei, müssten Reisende weiter mit starken Einschränkungen rechnen, sagte ein Sprecher der Bahn. Die Elbbrücke war wegen eines Deichbruchs bei Fischbeck am frühen Morgen gesperrt worden.
Die Bahn reagiert mit Ausnahmeregelungen auf die Hochwasserlage. Bis 23. Juni werden die Kosten für Fahrkarten und Reservierungen bei Verspätungen oder Ausfällen erstattet, wenn Reisende die Fahrt nicht antreten möchten. Tickets mit Zugbindung können auf eine andere, zeitnahe Verbindung umgeschrieben werden.
Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) sagte in Stendal, die Bundeswehr verlagere weitere Kräfte in die Region. Es werde nach Auffanglinien für das Wasser gesucht. Auch in Hohengöhren im Landkreis Stendal blieb die Lage an der Elbe kritisch, weil ein Deich auf 30 Metern Länge abrutschte. Helfer versuchten, ihn zu halten.
In Magdeburg entspannte sich die Lage unterdessen bei leicht sinkendem Pegelstand etwas. Das lange vom Wasser bedrohte Umspannwerk war nicht mehr in Gefahr. Allerdings war die Scheitelwelle des Hochwassers sehr lang und dürfte noch mehrere Tage lang gefährlich auf die Deiche drücken. Entwarnung gab es deshalb noch nicht.
An der Landesgrenze zwischen Sachsen-Anhalt und Brandenburg liefen seit Sonntag planmäßig Polder voll, um die Hochwassersituation zu mildern. In der Nähe von Wittenberge zeigte das bereits Wirkung. Der Wasserstand sank zeitweise um einige Zentimeter. Der Höhepunkt der Flutwelle wurde dort aber erst am Dienstagmittag erwartet. Das Bangen ging deshalb weiter.
In der Region bereiteten sich seit Tagen Hunderte Helfer auf das Hochwasser vor. Auch in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern laufen Evakuierungen. Teilweise gibt es schulfrei, weil die Gebäude zu nah am Wasser liegen oder für Notquartiere gebraucht werden.
Merkel hatte bereits in der vergangenen Woche Hochwasserregionen in Bayern und Sachsen besucht und 100 Millionen Euro Soforthilfe der Bundesregierung zugesagt. Steuererhöhungen zur Behebung der Flutschäden in Deutschland hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Wochenende ausgeschlossen. Angesichts des Hochwassers brachte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) eine Versicherungspflicht gegen Naturkatastrophen ins Gespräch.
Auf dem Main hat das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Schweinfurt die Schifffahrt zwischen Bamberg und Marktheidenfeld inzwischen wieder freigegeben. Mitarbeiter des Amtes hatten am Wochenende mit Peilschiffen sogenannte Anlandungen (Sandbänke) im Schifffahrtsweg geortet und mit Schwimmgreifern weggebaggert. Einige weniger kritische Stellen wurden mit Bojen gekennzeichnet. Seit dem 31. Mai lagen aufgrund des Hochwassers im Bereich des WSA Schweinfurt rund 60 Güterschiffe und 10 Hotelschiffe fest. TEXT: DPA/VSI
Gefahr für den Bahnverkehr
Geröll kann von Hängen und Böschungen auf die Gleise geraten. Fachleute beobachten die Hänge, wenn durch viel Wasser Durchfeuchtung und Murenabgänge drohen. Teilweise werden die Hänge auch aus der Luft begutachtet. Gleise werden unterspült oder überflutet. Dadurch kann die Festigkeit des sogenannten Oberbaus beeinträchtigt werden. Der Schotter sorgt grundsätzlich dafür, dass die Schwellen in ihrer Lage bleiben. Durch zu viel Wasser könne sich das verändern. Fachleute könnten die Gefahr erkennen. Aber auch Lokführer merkten dies bei verändertem Fahrverhalten. Brücken: Die Statik muss stimmen, damit die Züge sicher über die Brücke fahren können. Die Wassermassen könnten zu stark auf Stützen und Lager der Brücken drücken, so dass die Standfestigkeit gefährdet ist. Zusätzliches Schwemmholz kann die Belastung auf Brücken verschärfen. Text dpa
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Prognose Magdeburg
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