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BERLIN
Flüchtlinge holen immer noch Verwandte nach
Bernhard Junginger
 |  aktualisiert: 10.09.2017 03:01 Uhr

Die Zahl der Angehörigen von Flüchtlingen, die im Rahmen des Familiennachzugs nach Deutschland kommen, steigt immer weiter – und sorgt im Bundestagswahlkampf für heftige Diskussionen. Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) hat sich nun der CSU-Forderung angeschlossen, Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus auch über das Frühjahr 2018 hinaus vom Familiennachzug auszunehmen.

Wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) auf Anfrage dieser Redaktion mitteilt, hat das Auswärtige Amt im ersten Halbjahr 2017 bereits knapp 62 000 Visa zur Familienzusammenführung erteilt, rund 25 500 davon an syrische Staatsangehörige. Insgesamt rechnet das Auswärtige Amt demnach für das Gesamtjahr 2017 mit rund 125 000 Visa für Angehörige anerkannter Flüchtlinge. Die Zahl war bereits von 2015, als etwa 76 500 Verwandten-Visa ausgestellt wurden, auf 2016 mit knapp 104 000 Einreiseerlaubnissen massiv gestiegen.

Der Familiennachzug zu einem sogenannten Stammberechtigten, der im Besitz eines Aufenthaltstitels in Deutschland sein muss, erfolgt nach Bamf-Angaben im Rahmen des regulären Visumverfahrens über die deutschen Auslandsvertretungen. Nachzugsberechtigt sind in der Regel Ehepartner und die minderjährigen ledigen Kinder. Wie viele Visa-Anträge den Botschaften und Konsulaten in aller Welt vorliegen, dazu machte die Behörde keine Angaben. Bekannt ist nur, dass die Bearbeitung der Anträge schleppend vorangeht.

Subsidiär Schutzberechtigte dürfen Anträge stellen

Im nächsten Jahr könnte die Zahl der Familiennachzüge noch einmal kräftig steigen. Denn ab März 2018 werden auch die sogenannten subsidiär Schutzberechtigten für ihre Kernfamilien Anträge auf Familiennachzug stellen können. Wie viele dies sein werden, hängt laut Bamf von einer Vielzahl von Faktoren ab. Etwa inwieweit diese Schutzberechtigten bereits mit der Familie hier sind, wie die Lebenssituation der Angehörigen in den Herkunftsländern und die Rückkehrperspektive der hier Schutzberechtigten ist. Vorhersagen über die zu erwartenden Zahlen seien deshalb „rein spekulativ“.

Anders als zu Beginn der Flüchtlingskrise 2015 gewährt das Bamf vielen Syrern nicht mehr den vollen Flüchtlingsschutz, sondern nur noch den eingeschränkten, „subsidiären“ Schutz. Dabei wird etwa nur eine Aufenthaltsberechtigung von einem statt drei Jahren erteilt. Im Frühjahr 2016 wurde zudem das Recht auf Familiennachzug für zwei Jahre ausgesetzt. Im März 2018 läuft die Befristung aus.

In ihrem „Bayernplan“ zur Bundestagswahl fordert die CSU, subsidiär Schutzberechtigte auch darüber hinaus vom Familiennachzug auszunehmen. Im Gespräch mit der „Heilbronner Stimme“ hat sich Bundesinnenminister Thomas de Maiziere nun ebenfalls dafür ausgesprochen: „Ich wäre dafür.“ Medienberichte, wonach bis 2018 alleine 390 000 Syrer berechtigt wären, ihre Familien nachzuholen, bestätigte der CDU-Politiker nicht. Doch die Zahlen seien gewaltig, sagte er: „Wir schätzen auf jeden Flüchtling einen, der über Familiennachzug kommen wird.“ Bei Linken, Grünen und der Organisation Pro Asyl stieß der Bundesinnenminister mit seiner Äußerung auf massive Kritik.

Besonders AfD und FDP-Anhänger sind gegen Familiennachzug

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bei ihrer Sommerpressekonferenz vor wenigen Tagen betont, sie wolle derzeit nicht über das Thema entscheiden: „Wir werden uns das Anfang nächsten Jahres ansehen und darüber diskutieren.“

Dass die Mehrzahl der Deutschen den Familiennachzug von Flüchtlingen insgesamt kritisch sieht, geht aus einer aktuellen Insa-Umfrage im Auftrag der „Bild“-Zeitung hervor. 58,3 Prozent der Befragten lehnen das gesetzlich garantierte Recht von anerkannten Flüchtlingen ab, ihre Kernfamilien nachzuholen.

Erhebliche Unterschiede ergeben sich auch, wenn nach der Parteipräferenz der Befragten unterschieden wird. Fast 96 Prozent der AfD-Wähler und knapp 67 Prozent der FDP-Anhänger sind gegen den Familiennachzug. Auch die Mehrheit der Wähler der Union (gut 54 Prozent) und der Linkspartei (gut 52 Prozent) lehnen den Familiennachzug ab. Unter den Anhängern der SPD (knapp 43 Prozent) und der Grünen (gut 18 Prozent) sprechen sich deutlich weniger gegen den Familiennachzug aus.

 
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