Das Wunder von Sachsen blieb aus. FDP-Landeschef Holger Zastrow hatte es im Wahlkampfendspurt zuletzt immer wieder beschworen. Die Partei, sollte das heißen, werde doch noch die Fünf-Prozent-Hürde knacken. „Wir können es schaffen“, hatte Zastrow seinen Anhängern zugerufen. Am Ende schafften sie es nicht. Die FDP kam am Sonntag auf 3,8 Prozent der Stimmen, ein dramatischer Verlust gegenüber den zehn Prozent von 2009.
Die Liberalen flogen damit nicht nur erneut aus dem Landesparlament, sondern müssen auch den Verlust ihrer letzten Regierungsbeteiligung verkraften. Sie gehören nur noch der Hälfte aller Landtage an. Die FDP sei auf ihre Kernwählerschaft reduziert, analysierte Parteivize Wolfgang Kubicki. Es war ein weiterer desolater Abend für eine Partei, die zuletzt ziemlich viele desolate Abende erlebte.
Vielleicht hat Christian Lindner deshalb mittlerweile auch eine gewisse Routine darin, Niederlagen zu verarbeiten. Am Tag nach der Schlappe sagt der FDP-Bundesvorsitzende knapp und sachlich, er finde das Ergebnis bedauerlich. Das habe er in einem persönlichen Gespräch auch Holger Zastrow so mitgeteilt. Sehr viel mehr dazu sagt Lindner nicht. Nur so viel: Er habe dem sächsischen FDP-Chef Zastrow angeboten, sich auch in der Bundespolitik einzumischen. „Wir brauchen starke Persönlichkeiten, Charakterköpfe.“ Als solcher gilt Zastrow, der in Dresden eine PR-Agentur leitet und sich nicht vor klaren Aussagen scheut.
Was aus diesem Angebot folgt, wird sich allerdings zeigen müssen. Im Wahlkampf jedenfalls hatte Zastrow sich große Mühe gegeben, sich so weit wie nur möglich von der Bundes-FDP zu distanzieren. Er fand es „verdammt ungerecht, dass wir in den Berliner Topf mit reingerührt werden“ und betonte gerne, die sächsische Koalition habe besser regiert als Schwarz-Gelb in Berlin.
Lindner und Zastrow haben zudem sehr unterschiedliche Vorstellungen von der inhaltlichen Ausrichtung der FDP. Lindner möchte sie zu einer Mehr-Themen-Partei umbauen, ihr ein Gesicht geben, das über Marktfreiheit und Schwarz-Gelb hinausgeht. Zastrow hingegen ist ein klassischer Marktliberaler, der mal erklärte, dass er „die Union als einzig denkbaren Koalitionspartner“ sehe – schließlich seien „Sozialdemokraten, Grüne und Kommunisten allesamt Sozialisten“. Solche Aussagen vertragen sich nur schlecht mit dem sozialeren Image, das Lindner der FDP verpassen möchte.
Nun, sagt Lindner, gelte die Aufmerksamkeit der FDP den Wahlen in Brandenburg und Thüringen. In beiden Bundesländern wird in zwei Wochen abgestimmt, und in beiden Bundesländern ist die FDP noch im Parlament. Nach aktuellen Umfragen kommt die FDP sowohl in Thüringen als auch in Brandenburg auf zwei bis vier Prozent und würde demnach wieder aus den Landtagen fliegen. Vielleicht, sagt Lindner, gebe es dort eine Überraschung. Also einen Einzug seiner Partei in die Parlamente. Womöglich ist dafür aber ein Wunder nötig.