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BERLIN
Fall Edathy bringt Bundeskriminalamt ins Zwielicht
In der Kritik: Der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke
Foto: Frederik von Erichsen, dpa | In der Kritik: Der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke
Evangelischer Pressedienst
 |  aktualisiert: 25.02.2014 19:41 Uhr

BKA-Chef Jörg Ziercke hat die Verzögerung bei den Ermittlungen gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy mit einer Flut von Kinderpornografie-Fällen begründet. „Es geht um Tausende von Fällen. Ich kann meine Mitarbeiter nicht klonen“, sagte der Präsident des Bundeskriminalamtes am Dienstag in der ARD. „Wir haben viele Spezialisten. Aber gegen die Massen, die aus dem Internet auf uns zukommen, ist man letztlich machtlos.“

In der Affäre Edathy muss sich das Bundeskriminalamt des Vorwurfs erwehren, die von den kanadischen Ermittlungsbehörden erstellte Liste mit den Kunden eines Kinderpornoringes zwei Jahre lang liegen gelassen und den Namen Edathy nicht entdeckt zu haben.

Erst die Beamten der Polizeiinspektion im niedersächsischen Nienburg stellten den Zusammenhang zu dem prominenten SPD-Abgeordneten her und schlugen Alarm. Vor dem Innenausschuss des Bundestags musste Ziercke zweimal Rede und Antwort stehen und das Vorgehen seiner Behörde verteidigen. Der Vorwurf, seine Behörde habe die Ermittlungen gegen Edathy verschleppt, sei eine „absurde Unterstellung, die ich mit Entschiedenheit zurückweise“.

Die Grünen-Abgeordnete Irene Mihalic kritisierte scharf: „Herr Ziercke hätte 2011 Alarm schlagen müssen“, sagte die frühere Polizistin. Das Material über Kunden eines kanadischen Online-Lieferanten hätte zeitnah bearbeitet werden müssen. „Zwei Jahre ist nicht zeitnah.“

Ziercke hingegen sagte, im November 2011, als die Festplatte aus Kanada kam, die schließlich auf Edathy hinwies, „hatten wir ein anderes Verfahren harter Kinderpornografie mit 1100 Beschuldigten zu ermitteln“. Im Zuge der Kanada-Ermittlungen habe es weitere 800 Beschuldigte gegeben, mit 500 Stunden Videoaufnahmen und 70 000 Fotos. Da müsse man entscheiden: „Bearbeitet man das eine oder das andere. Wir mussten zunächst das Verfahren bearbeiten in Abstimmung mit der Generalstaatsanwaltschaft, das wir zunächst begonnen hatten.“

Edathys Name war am 15. Oktober 2013 der Polizei im niedersächsischen Nienburg in dem Beweismaterial aus Kanada aufgefallen – dabei ging es um ein Portal, bei dem auch kinderpornografische Filme und Bilder bestellt werden konnten. Edathy legte am 7. Februar nach über 15 Jahren sein Bundestagsmandat nieder. Wie die „Bild“-Zeitung unter Berufung auf die Bundestagsverwaltung mitteilte, will Edathy in Kürze auch seinen zunächst behaltenen Diplomatenpass zurückgeben. Er soll sich im Ausland aufhalten.

Ziercke könnte längst seinen wohlverdienten Ruhestand genießen. Im Juli 2012 feierte er seinen 65. Geburtstag, unter normalen Umständen wäre der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA) mit dem Erreichen der Altersgrenze aus dem Amt ausgeschieden. Doch die Umstände waren nicht normal.

Der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich von der CSU wollte sich Unruhe und personelle Veränderungen an der Spitze der Behörde mit ihren rund 5500 Mitarbeitern ersparen und bat Ziercke, so lange weiterzumachen, bis ein Nachfolger gefunden sei. Inzwischen ist Friedrich nicht mehr Minister, und Ziercke ist noch immer im Amt.

Das ist insofern ungewöhnlich, da Ziercke Mitglied der SPD ist, bereits 2004 von Innenminister Otto Schily (SPD) an die Spitze der in Wiesbaden angesiedelten Behörde berufen wurde und seitdem alle Regierungswechsel unbeschadet überstanden hat.

Die Minister kamen und gingen – auf Schily folgten die CDU-Politiker Wolfgang Schäuble und Thomas de Maiziere, schließlich Hans-Peter Friedrich und wieder de Maiziere – doch Ziercke blieb. Er überlebte auch schwere Krisen wie die gravierenden Versäumnisse der Sicherheitsbehörden bei der NSU-Mordserie. Nun steht der BKA-Präsident wieder im Sturm. Noch in diesem Jahr will der Innenminister einen Nachfolger für Jörg Ziercke finden. Damit dieser endlich seinen Ruhestand genießen kann. Mit Informationen von dpa

 
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