Die Tasse Kaffee zum Frühstück ist für viele Menschen wichtig für den Start in den Tag. Doch wie die Bohnen angebaut werden, aus denen das Heißgetränk gekocht wird, und wie sie nach Europa transportiert werden, das ist oft – sowohl was die Menschenrechte angeht als auch mit Blick auf den Klimaschutz – durchaus problematisch. Eine bessere Alternative dazu will die Leipziger Genossenschaft „Café Chavalo“ bieten: Sie lässt fair gehandelten Bio-Kaffee aus Nicaragua nach Hamburg bringen. Allerdings nicht mit einem Containerschiff, das mit Schweröl betankt wird und daher die Umwelt stark belastet, sondern mit einem Segelschiff. Die Aufgabe, diesen Kaffee nun auch auf eine umweltfreundliche Art vom norddeutschen Hafen nach Franken zu transportieren, haben Schüler der Haßfurter Waldorfschule übernommen: Mit Lastenfahrrädern wollen sie die Kaffeebohnen bis zum 22. Juli nach Schweinfurt bringen, wo er geröstet werden soll.
Das Motto dieser Fahrt lautet „CafeOhne2fel“. Die eigentümliche Schreibweise ist kein Zufall, stecken darin doch die Anfangsbuchstaben CO2, also die chemische Bezeichnung für Kohlenstoffdioxid – das Gas, das als „Klimakiller“ bekannt ist und dessen Ausstoß vermieden werden soll, indem beim Transport der Kaffeebohnen auf Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren verzichtet wird. „Wir wollen ein Zeichen setzen, dass man auch ohne CO2-Ausstoß etwas produzieren kann – egal was“, sagt einer der beteiligten Schüler in einem Podcast, den die Freie Waldorfschule in den Mainauen auf ihrer Internetseite veröffentlicht hat. Vor der Reise haben sich die Jugendlichen gut informiert. Darüber, wo der Kaffee herkommt oder wie er weiterverarbeitet wird.
Lösch-Event im Hafenmuseum
Alles ist vorbereitet und durchgeplant: Am Freitag, 5. Juli, fahren die 22 Schüler der 9. KLasse und ihre beiden Betreuer mit dem ICE nach Hamburg. Am 6. Juli soll dort das Segelfrachtschiff „Avontuur“ entladen werden, das derzeit die Kaffeebohnen übers Meer transportiert. Schiffseigner ist das Umweltprojekt „Timbercoast – cargo under sail“, das das Ziel verfolgt, den „Wandel zur sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit“ in die Schifffahrtsindustrie zu bringen. Das Entladen des Schiffes, das „Löschen der Ladung“, wie es in der seemännischen Fachsprache heißt, findet dann mit einem „Lösch-Event“ im Hafenmuseum Hamburg statt.
Fünf Säcke mit einem Gewicht von jeweils 70 Kilo holen die Schüler dort ab. Die Reise von Hamburg zurück nach Franken soll dann rund zwei Wochen dauern; am 22. Juli wollen die Schüler nach 13 Fahretappen und insgesamt circa 700 Kilometern in Schweinfurt ankommen, um die Kaffeebohnen dort in Wehners Kaffeerösterei, einer Bio-Rösterei, abzugeben und anschließend nach Haßfurt zu fahren.
Das Material, das sie für ihre Reise verwenden, haben ihnen verschiedene Sponsoren zur Verfügung gestellt: Die Trikots und die Radlerhosen bekamen sie gespendet. Die zehn speziellen E-Lastenräder hat der Hersteller zur Verfügung gestellt. Auf diesen Lastenfahrrädern wechseln sich die Schüler mit dem Transport der Kaffeesäcke ab. Damit diejenigen, die gerade keines der schwer bepackten Spezialräder fahren, auch vorankommen, nimmt die Gruppe außerdem einige private Fahrräder von Schülern mit.
„Ob wir das überhaupt schaffen?“
Lehrer Michael Schlirf, der als einer von zwei Betreuern mitfährt, spricht im Podcast auf der Schulhomepage von den Hürden, die die Schüler zu nehmen haben. So verursache der Gedanke an die bevorstehende Reise jetzt schon Schmerzen, wenn die Schüler daran denken, welche Strecke sie mit dem Rad zurückzulegen haben. „Es ist unglaublich. Die Vorstellung, durchhalten zu müssen, ist gewaltig.“ Eine Schülerin meint: „Da gab's auch sehr große Zweifel bei uns in der Klasse, ob wir das überhaupt schaffen.“ Denn 60 Kilometer am Tag mit dem Fahrrad seien keine alltägliche Strecke. Dennoch ist sie überzeugt: „Mit Training werden wir das schaffen.“ Und schließlich geht es ja um einen guten Zweck. So betont eine andere Schülerin, das Projekt liege ihr am Herzen, „weil ich es wichtig finde, dass auch noch die nächste Generation und die übernächste ein schönes Leben haben“.
Die Schüler sprechen in dem Tondokument auch über weitere Unwägbarkeiten wie die Frage, ob die „Avontuur“ überhaupt rechtzeitig in Hamburg ankommt. „Man kann es nie hundertprozentig sagen, weil es ja schließlich ein Segelschiff ist“, sagt einer von ihnen.
Den Podcast der Schule gibt es unter www.waldorfschule-hassfurt.de. Aktuelle Reiseberichte der Schüler mit regelmäßigen Updates finden Sie auf www.mainpost.de ab Montag, 8. Juli.