Der Wirtschaftsflügel der Union stellt sich im Kampf gegen weitere Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge in Innenstädten an die Seite von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und fordert die betroffenen Kommunen auf, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um die Luftqualität zu verbessern und Fahrverbote zu verhindern. „Betroffene Städte waren gut beraten, Gestaltungsspielräume zu nutzen und gegen Urteile zu Fahrverboten Berufung einzulegen, damit deren Innenstädte nicht von der Versorgung abgekoppelt werden“, sagte der Generalsekretär des Wirtschaftsrats der CDU, Wolfgang Steiger, gegenüber dieser Redaktion. Zeitgleich sollten sie „Alternativmaßnahmen zur Luftreinhaltung“ einführen. Denn die von Gerichten verhängten Fahrverbote würden sich gegen Arbeitnehmer, Pendler, Handwerker und Lieferanten richten – „also diejenigen, die dieses Land mit ihren Steuern und Sozialabgaben finanzieren“.
Luftreinhaltepläne der Städte häufig veraltet
Andreas Scheuer hatte in dieser Woche die Städte kritisiert, weil sie zum Teil mit völlig überalteten Luftreinhalteplänen arbeiten würden und es versäumt hätten, diese Pläne fortzuschreiben und zu aktualisieren. Gleichzeitig drohte er, bei Untätigkeit die Zuschüsse aus dem vor einem Jahr aufgelegten „Sofortprogramm Saubere Luft“ zu kürzen. Damit fördert der Bund unter anderem den Kauf von modernen Elektrobussen, die Nachrüstung älterer Dieselfahrzeuge bei der Müllabfuhr oder Feuerwehr oder digitale Verkehrskonzepte. „Es gibt aus diesem Ministerium für Kommunen künftig nur noch Fördermittel, wenn aktuelle Luftreinhaltepläne vorgelegt werden.“ Davon betroffen wären alle 15 „Intensivstädte“, in denen der Grenzwert für den Ausstoß von Stickoxiden besonders stark übertroffen wird. Nach einer aktuellen Übersicht des Umweltbundesamtes verfügen lediglich Hamburg, Potsdam, Brandenburg/Havel, Limburg, Mühlhausen, Erlangen, Fürth, Nürnberg und Regensburg über einen Luftreinhalteplan aus dem Jahr 2017.
Der Wirtschaftsrat der CDU plädiert für ein Bündel an Maßnahmen, um den Ausstoß an Schadstoffen zu verringern. An erster Stelle stehe als „einfachste und am schnellsten umsetzbare Maßnahme“ die konsequente Beseitigung von Stop-and-go-Verkehr, so Steiger gegenüber dieser Redaktion. „Zudem müsste die Kommunalpolitik auf eine intelligente Verkehrssteuerung setzen: Mehr grüne Wellen, ein optimiertes Baustellenmanagement und die Vermeidung künstlicher Straßensperrungen könnten den Verkehrsfluss beschleunigen und letztlich für weniger Schadstoffe sorgen.“ In hochbelasteten Innenstädten sollten nur noch neue oder nachgerüstete Omnibusse eingesetzt, die Radwege ausgebaut sowie Car-Sharing-Konzepte gefördert werden. Langfristig eröffne die Digitalisierung die Chance, bei der Parkplatzsuche einen Mehrverkehr zu verhindern oder Echtzeit-Informationen über Staus, Baustellen und Abfahrtszeiten des öffentlichen Nahverkehrs bereitzustellen.
Neue Wohngebiete an öffentlichen Nahverkehr anbinden
Grundsätzlich sollten die Kommunen auch über die Entflechtung von Verkehr und Wohnen nachdenken, so Wolfgang Steiger. „Gerade neue Wohnquartiere für Hunderte von Menschen müssen nicht unmittelbar an stark frequentierten Hauptverkehrsadern entstehen.“ Vielmehr sollten sie durch an einen gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr angebunden werden. Zudem verhindere das Zubauen von ganzen Straßenzügen eine ausreichende Durchlüftung der Städte. „Mit ihrer Quartiersplanung haben die Kommunen hier einen weiteren wichtigen Schlüssel für eine bessere Stadtluft selbst in der Hand.“
Konkrete Maßnahmen könnten bereits am 3. Dezember, beschlossen werden, wenn im Kanzleramt der nächste „Dieselgipfel“ stattfindet. Bundeskanzlerin Angela Merkel und mehrere Minister treffen sich mit den Vertretern der Städte und der kommunalen Spitzenverbände. Der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnten aber bereits davor, den Kommunen den Schwarzen Peter zuzuschieben. Vor allem die Autoindustrie stünde in der Pflicht. Und für die Luftreinhaltepläne seien in der Regel die Länder oder Regierungsbezirke zuständig.