zurück
BRÜSSEL
Fahrverbote für Dieselfahrzeuge kommen in der EU in Mode
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 07.03.2018 03:10 Uhr

Die Europäische Kommission hüllte sich nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zu Diesel-Fahrverboten in deutschen Städten in Schweigen. Schließlich hatte die Behörde immer wieder betont, dass die Mitgliedstaaten zwar die Grenzwerte einhalten müssten – wie dies erreicht wird, liegt in der Verantwortung der Regierungen.

Ob Fahrverbote, bauliche Veränderungen in den besonders belasteten Regionen der Städte oder schadstoffärmere Motoren – die Brüsseler EU-Kommission hatte nie ein bestimmtes Instrument zur Senkung der Luftbelastung gefordert. Das machte Umweltkommissar Karmenu Vella in den vergangenen Wochen immer wieder deutlich. Angesichts von 400 000 Toten in der EU, die deshalb vorzeitig sterben, weil die Luft zum Atmen zu schlecht sei, müsse „etwas“ getan werden – was auch immer dieses Etwas sein werde. Seit 2010 drängt die EU-Verwaltung die Mitgliedstaaten, die gesteckten Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide einzuhalten. 23 der 28 Mitgliedstaaten kümmerten sich lange nicht oder zu wenig darum, neun – darunter Deutschland – waren erst vor wenigen Wochen zum Rapport nach Brüssel bestellt worden. Vella bekräftigte, dass seine Behörde beabsichtige, die Bundesrepublik vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen. Die mögliche Strafe würde sich auf etliche Hunderttausend Euro pro Tag belaufen. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und mit ihr die gesamte Bundesregierung gerieten unter Druck.

Am Dienstag nun schwieg Brüssel, weil die EU nicht vorschreibt, wie die Ziele erreicht werden. Hauptsache, sie werden endlich erreicht. Denn die Zeit läuft ab. Allerdings hat die Kommission in der Vergangenheit durchaus mit Wohlwollen auf alle jene Versuche von Mitgliedstaaten hingewiesen, die endlich strikt gegen die Belastung der Atemluft durch Stickoxide vorgingen. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo kündigte schon vor Monaten an, ab 2020 Dieselautos, die vor 2001 zugelassen wurden, aus der Stadt zu verbannen. In den Niederlanden wurden ebenfalls kommunale Umweltzonen eingerichtet – betroffen sind Diesellastwagen, die vor 2001 auf die Straße durften oder lediglich der Schadstoffklasse Euro 3 angehören. Amsterdam will noch in diesem Jahr Fahrverbote erlassen.

Neu in der Reihe der resoluten Kämpfer gegen Dieselmotoren ist Belgien. Seit Jahresbeginn erfassen gerade erst installierte Kameras an den Grenzübergängen, den Autobahnen und in den Städten die Autos. Fahrzeuge des Jahrgangs 1992 oder älter dürfen nicht mehr nach Brüssel fahren. Schritt für Schritt sollen auch die jüngeren Autos mit Selbstzünder ausgesperrt werden, bis 2025 dann alle Dieselmotoren verboten sind. Wer sich nicht daran hält und erwischt wird, muss mit Strafen von 350 Euro aufwärts rechnen. Für ausländische Besucher gilt: In Brüssel und vor allem Antwerpen müssen die Gefährte vorher angemeldet werden.

Dagegen wehren sich Österreich und die Schweiz vorerst standhaft gegen Eingriffe in den Dieselverkehr. In Skandinavien gibt es zwar Forderungen nach einem Stopp der alten Stickoxid-Schleudern, ob die lokalen Behörden solche Autos blockieren dürfen, ist noch nicht sicher.

Allerdings sehen die europäischen Behörden Diesel-Fahrverbote als nicht unkritisch an. Schließlich verwiesen die Spezialisten der Kommission vor Monaten in einem Gutachten darauf, dass keineswegs nur die Diesel-Antriebe an den hohen Belastungen mit Stickoxiden beteiligt sind, sondern auch hochgezüchtete Benziner mit Direkteinspritzung, wie sie häufig bei SUVs verwendet werden. Konsequenterweise, so hatten die Fachleute damals festgestellt, müssten Initiativen gegen den Diesel auch solche Autos einbeziehen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Detlef Drewes
Anne Hidalgo
Barbara Hendricks
Bundesverwaltungsgericht
Dieselfahrzeuge
Dieselmotoren
Europäische Kommission
Europäische Union
Europäischer Gerichtshof
SPD
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen