Fünf politische Prozesse wurden gegen den Ex-Präsidenten Mohammed Mursi angestrengt, mal wurde er zum Tode verurteilt, dann wieder zu lebenslanger Haft. Geheimnisverrat an den Golfstaat Qatar und den Sender „Al Jazeera“ lautete die Anklage am Montag. Etwa zwanzig Minuten redete sich der 67-Jährige in Rage, wie Augenzeugen berichteten, dann brach er plötzlich zusammen. Wenig später starb das ehemalige Staatsoberhaupt in der Notaufnahme eines Krankenhauses.
Mursi sei im Beisein seiner Familie auf einem Friedhof für Anführer der Muslimbrüder im Osten Kairos bestattet worden, teilte Mursis Sohn Ahmed am Dienstag mit. Die Sicherheitsbehörden hätten eine Beerdigung im Familiengrab in seinem Geburtsort in der Provinz Scharkija untersagt.
Angst vor den Muslimbrüdern
Das Regime von Präsident Abdel Fattah al-Sisi, der das Land seit seinem Putsch gegen Mursi im Juli 2013 mit eiserner Faust regiert, befürchtet, Muslimbrüder könnten das Begräbnis nutzen, um Unruhe zu stiften.
Nur zwölf Monate lang schrieb der steife, bärtige Professor für Ingenieurwissenschaften in Ägypten Geschichte, wenn auch keine glänzende. Selbst seinen Aufstieg an die Spitze des Staates als erster frei gewählter Präsident Ägyptens verdankte er dem Zufall. Erst in einer mehrstündigen Sitzung musste die Führungsriege der Muslimbruderschaft den konservativen Apparatschik überreden, nachdem die Hohe Wahlkommission den ursprünglichen Wunschkandidaten der Islamisten disqualifiziert hatte. In der Stichwahl im Juni 2012 setzte sich der als Ersatzrad verspottete Mursi dann knapp gegen den früheren Premierminister Ahmed Shafiq durch.
Mit Familie sieben Jahre in den USA gelebt
Mursi stammte aus einfachen Verhältnissen. Am 8. August 1951 im Dörfchen El-Adwah im Nildelta geboren, studierte er in Kairo. Dann zog der junge Muslimbruder mit seiner Familie für sieben Jahre in die USA, wo er promovierte. Nach seiner Rückkehr stieg er rasch in die Spitze der islamistischen Kaderorganisation auf.
Seine Amtszeit als Präsident jedoch stand unter keinem guten Stern. Das eine Jahr bis zu seinem gewaltsamen Sturz war geprägt durch innere Turbulenzen, erbitterte Machtkämpfe und gewalttätige Demonstrationen, aber auch durch Stromausfälle, Benzinmangel, wirtschaftliches Chaos und Niedergang des Tourismus.
Gleichzeitig schleifte das Verfassungsgericht eine zentrale Machtbastion der Muslimbrüder, als es im Juni 2012 das frisch gewählte Parlament für illegal erklärte. Mit diesem Verdikt verloren die Muslimbrüder ihre absolute Mehrheit in der Legislative.
Nach Mursis Sturz richtete das Militär ein Massaker an
Mursi begann, sich mit allen anzulegen, angefangen von Justiz und Verwaltung, über die Wirtschaftslenker bis zu den Kulturschaffenden, den führenden Geistlichen von Al Azhar und dem koptischen Papst sowie mit der Tourismusbranche, als er ausgerechnet das Gründungsmitglied einer einstigen Terrorgruppe zum Gouverneur von Luxor ernannte.
Nach seiner Entmachtung am 3. Juli 2013 durch den damaligen Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi hielten seine Anhänger wochenlang zwei zentrale Protestlager in Kairo besetzt. Bei der brutalen Räumung im August 2013 kamen mehr als tausend Menschen ums Leben. Zusammen mit Mursi wanderten damals abertausende Muslimbrüder in die Gefängnisse, in den folgenden Jahren aber auch viele säkulare Regimegegner und mutige Bürger, die es wagen, gegen die herrschende Militärjunta zu opponieren.