Sieben Wochen nach dem Sturz des demokratisch gewählten Präsidenten Mohammed Mursi durch die ägyptische Armee steht sein Vorgänger Hosni Mubarak offenbar kurz vor der Entlassung aus dem Gefängnis. Das Kairoer Strafgericht gab am Mittwoch einem Einspruch Mubaraks gegen seine weitere Inhaftierung statt. Doch räumten die Richter der Staatsanwaltschaft 48 Stunden ein, um gegen den Beschluss Einspruch einzulegen.
Sollten die Staatsanwälte auf Rechtsmittel verzichten, könnte Mubarak nach rund zwei Jahren Haft bereits am Freitagnachmittag auf freien Fuß gesetzt werden und künftig von einer Privatwohnung aus zu den Verhandlungen fahren.
Im Gerichtssaal winkte der sichtlich gut gelaunte 85-Jährige mehrfach jubelnden Unterstützern im Auditorium zu. In den Wochen zuvor hatten Mubaraks Anwälte bereits in den übrigen drei gegen den Ex-Staatschef laufenden Verfahren Gerichtsbeschlüsse zur Haftverschonung erreicht. Alle vier Prozesse sind jedoch bislang noch nicht abgeschlossen.
In dem wichtigsten der Verfahren war Mubarak wegen Beihilfe zum Mord in über 800 Fällen zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Mubarak im Januar und Februar 2011 den Einsatz von Schusswaffen der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten gebilligt hat – ein Urteil, das Hosni Mubarak allerdings anfechten ließ und das noch nicht rechtskräftig ist.
Bei dem Volksaufstand gegen seine mehr als 30-jährige Herrschaft waren mehr als 800 Demonstranten getötet und über 6000 verletzt worden, viele durch gezielte Schüsse der Sicherheitskräfte.
Seit dem Sturz von Mohammed Mursi durch das Militär am 3. Juli haben bereits mehr als 1000 Menschen ihr Leben verloren, die meisten ebenfalls durch gezielte Schüsse von Polizei und Militär. Über 4000 wurden bisher verletzt.
Eine vorzeitige Freilassung Mubaraks würde in geradezu paradigmatischer Weise unterstreichen, wohin die Reise Ägyptens trotz aller Beteuerungen der sogenannten „Zweiten Revolutionäre“ inzwischen geht. „Der Mubarak-Staat war weniger repressiv als das, was wir nun sehen. Allein die schiere Zahl der Getöteten ist für Ägypten bislang beispiellos“, zitiert die „New York Times“ den Forschungsdirektor von „Brookings Institution Doha“, Shadi Hamid.
„Für jemanden wie mich wäre eine Entlassung sehr hilfreich“, argumentiert Hossam Bahgat, einer der wenigen Menschenrechtler in Ägypten, der von Anfang an der Beteuerung von General Abdel Fattah El-Sissis öffentlich widersprach, die Armee vollende mit der Absetzung Mursis jetzt die Revolution von 2011.
Es sei besser, das ganze Theater zu beenden und wieder etwas mehr Klarheit zu haben, erklärte Bahgat. Und vielleicht überzeuge das nun auch frühere Revolutionäre von der Gefahr, „dass der Mubarak-Staat unter neuem Gewand wieder auferstehen könnte“.