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BRÜSSEL
Europaparlament will Biokraftstoff nicht drosseln
Der umstrittene Kraftstoff E10 enthält mehr Bioethanol als herkömmlicher Sprit.
Foto: dpa | Der umstrittene Kraftstoff E10 enthält mehr Bioethanol als herkömmlicher Sprit.
Redaktion
 |  aktualisiert: 11.09.2013 19:10 Uhr

(afp/dpa) Der E10-Streit in Deutschland war ein Rückschlag für Biosprit. Das Europaparlament hat am Mittwoch aber Pläne der EU-Kommission zur Reduzierung der Biospritproduktion aus Lebensmittelpflanzen abgeschwächt.

Eine deutliche Mehrheit der Abgeordneten sprach sich dafür aus, dass Biokraftstoffe aus Nahrungspflanzen wie Raps oder Palmöl bis 2020 höchstens sechs Prozent des Gesamtspritverbrauchs in der EU ausmachen dürfen. Umweltkommissarin Connie Hedegaard wollte den Anteil auf nur fünf Prozent begrenzen. Derzeit liegt der Anteil schon bei knapp fünf Prozent.

Der 2011 im Einklang mit einer EU-Richtlinie in Deutschland eingeführte Kraftstoff E 10 enthält fünf bis zehn Prozent Bioethanol. Herkömmlicher Kraftstoff darf maximal fünf Prozent Bioethanol enthalten.

Mit sehr knapper Mehrheit sprach sich das Parlament auch dafür aus, negative Auswirkungen auf das Klima durch sogenannte indirekte Landnutzungsänderungen für die Herstellung von Biokraftstoffen – etwa die Rodung von Wäldern oder das Austrocknen von Mooren – ab 2020 verbindlich in die Emissionsberechnung einzubeziehen.

Dies soll Anreize für Investitionen in die Herstellung klimafreundlicher Biokraftstoffe, etwa aus Abfällen der Land- und Forstwirtschaft oder aus Algen, schaffen. Diese Forderung war bis zuletzt heftig umstritten.

Enttäuscht äußerte sich der SPD-Europaabgeordnete und Umweltexperte Jo Leinen. Das Votum habe die Kommissionsvorlage deutlich verwässert, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Eine Mehrheit der Abgeordneten habe der Agrarlobby nachgegeben. Sie habe „bis zur letzten Sekunde massiven Druck“ ausgeübt. Der nun anvisierte Anteil von sechs Prozent sei „sozial und ökologisch nicht verantwortbar“, kritisierte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Der Deutsche Bauernverband (DBV) hatte die Pläne schon vorab kritisiert. Sie stellten eine „nicht begründbare Diskriminierung“ der heimischen Rohstoffe für Biokraftstoffe dar, warnte der Verband vor dem Votum in einem Brief an die deutschen Europaabgeordneten. Zudem könnten die Auswirkungen der indirekten Landnutzungsänderungen „bis heute nicht fundiert berechnet werden“.

Nach der ersten Lesung im Parlament geht die Vorlage nun in den Ministerrat, in dem die 28 EU-Staaten vertreten sind. Auch im Rat gehen die Meinungen bisher auseinander. Das Europaparlament hat in der Frage ein Mitentscheidungsrecht. Parlament und Rat müssen sich somit auf eine gemeinsame Position einigen.

Die EU will bis 2020 im Transportsektor einen Anteil von zehn Prozent erneuerbarer Energie erreichen. Bisher galten Biokraftstoffe etwa aus Zuckerrüben als eines der wichtigsten Mittel zur Umsetzung dieses Ziels. Inzwischen stehen sie aber in der Kritik, weil dadurch Lebensmittel im Tank statt auf dem Teller landen.

„Wir können die Rodung von Regenwäldern zur Herstellung von Biokraftstoffen nicht länger verantworten“, betonte Leinen. Das EU-Klimaschutzziel dürfe nicht dazu führen, dass Entwicklungsländer immer mehr Pflanzen für die Biospritproduktion anbauen, anstatt sie als Nahrungsmittel zu nutzen.

 
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