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BRÜSSEL
EU will Lücken in der Entsenderichtlinie schließen
Von unserem Korrespondenten Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 02.07.2013 00:14 Uhr

Der Betrieb besteht aus kaum mehr als einem Briefkasten nur wenige Kilometer hinter der deutsch-tschechischen Grenze. Als Subunternehmen der Deutschen Bahn AG betreibt es einen Bus mit einem tschechischen Fahrer, der täglich 14 Stunden lang eine Strecke absolviert, die zu 95 Prozent auf deutschem Gebiet liegt. Der Mann erhält für 280 Arbeitsstunden im Monat ein Drittel des Gehaltes seiner deutschen Kollegen. Der Fall, der inzwischen wegen des Verstoßes gegen das Arbeitszeitgesetz bei der Staatsanwaltschaft Passau liegt, hat in Brüssel Wellen geschlagen. „Es gibt viele Beispiele dafür, wie die Entsendericht- linie von findigen Unternehmen ausgehöhlt wird“, heißt es im Umfeld der EU-Kommission. Solche Praktiken sollen abgestellt werden.

Am vergangenen Freitag rupfte der Beschäftigungsausschuss des Europäischen Parlamentes einen Reformvorschlag der EU-Kommission. Die wollte nämlich keine Verschärfung, sondern eine Preisgabe bisheriger sozialer Standards. „Die Vorschläge der Kommission sind nicht ausreichend“, sagt die liberale Fachfrau Claudia Turmes. „Wir müssen Sozialdumping endlich wirksam bekämpfen und einen fairen Wettbewerb im europäischen Binnenmarkt sicherstellen“, betonen die Sozialdemokraten. „Gegen Sozialdumping und Briefkastenfirmen muss entschlossen vorgegangen werden“, erklärte der christdemokratische Sozialexperte des Parlamentes, Thomas Mann.

Gleiche Sozialstandards

Die Entsenderichtlinie legt fest, dass Arbeitnehmer im Gastland nach den gleichen Sozialstandards beschäftigt werden müssen, wie ihre einheimischen Kolleginnen und Kollegen – gleicher Lohn, gleicher Arbeitsschutz, gleicher Urlaubsanspruch. Doch anstatt die vorhandenen Kontrollmöglichkeiten der Arbeitsinspektoren in den Mitgliedstaaten zu stärken, wollte die Kommission diese einschränken und dafür eine internationale Austauschplattform schaffen, die Informationen rund um Prüfung und Meldepflicht harmonisiert. Ein Vorstoß, der abgeschmettert wurde. Ebenso wie der Versuch, „EU-Gastarbeitern“ das Streikrecht nur noch dann zuzugestehen, wenn es „verhältnismäßig“ ist. Außerdem drängten die Parteienvertreter auf die sogenannte Generalunternehmer-Haftung. Wer also weitere Dienstleister zur Abwicklung eines Auftrages beschäftigt, wäre dann sozusagen bis zum letzten Glied der Subunternehmerkette verantwortlich, dass die europäischen Bestimmungen eingehalten werden. Ob es dabei bleibt, ist ungewiss. Einige Mitgliedstaaten haben mit einer Verwässerung der strengen Sozialschutz-Standards für EU-Gäste keine Probleme.

Doch die Fallstricke liegen im Detail. Wann liegt tatsächlich eine Entsendung vor? Welche Voraussetzungen muss ein Unternehmen erfüllen, um Arbeitnehmer überhaupt entsenden zu können? Ein Briefkasten allein soll künftig nicht mehr reichen. Bisher enthält die Durchsetzungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie, wie das Dokument offiziell heißt, dazu keine wirkliche Klärung. Hinzu kommen Stolpersteine, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) in mehreren Urteilen geschaffen hat. Da wurden Vorortkontrollen verboten, die Anwendung automatischer Lohnanpassungsklauseln für Entsandte untersagt, das Streikrecht eingeschränkt. Auch die Frage, ob Vereinbarungen der Tarifpartner für Beschäftigte im EU-Außeneinsatz gelten (sofern es in der Branche keinen Mindestlohn gibt), bleibt heftig umstritten.

„Wir stehen vor einem wirklich komplizierten und sensiblen Thema für den Binnenmarkt, auf dem die Dienstleistungsfreiheit gelten soll“, hieß es am Montag aus Berliner Regierungskreisen. Deshalb werde man „Aufweichungstendenzen“ nicht hinnehmen. Bisher hat die Bundesregierung klargemacht, dass sie gerade bei den nationalen Kontrollbefugnissen keine Einschränkungen akzeptieren will.

 
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