Die Geste der Minister war bewegend. „Alle haben Frankreich ihr Mitgefühl und ihren Beistand ausgedrückt“, erzählte die französische Justizministerin Christiane Taubira nach dem Treffen mit den EU-Amtskollegen sowie den Innenressortchefs am Freitag in Brüssel. „Und alle haben es in der Sprache meines Landes getan.“ Der Schock über die Anschläge in Paris vor einer Woche vereinte die Vertreter der Mitgliedsstaaten ebenso wie er die Entschlossenheit bestärkte, nunmehr endlich konkrete Maßnahmen zu beschließen, um sich gegen Extremisten zu wehren.
Deutschlands Innenminister Thomas de Maiziere hatte schon vor der Krisensitzung eine besonders drängende Frage umrissen: „Die EU-Staaten informieren sich nicht ausreichend über Terrorverdächtige. Es gibt Informationen, die uns nicht erreichen und dann haben wir Sicherheitslücken.“
In Zahlen ausgedrückt: Lediglich fünf der 28 EU-Mitgliedsstaaten geben bisher Informationen an die Europäische Polizeizentrale Europol in Den Haag weiter. Das soll nun anders werden. „Alle müssen mitmachen“, betonte der luxemburgische Justizminister Felix Braz. Tatsächlich stellten die Ressortchefs einen umfangreichen Katalog „notwendiger Instrumente zum Kampf gegen den Terror“ (so der französische Innenminister Bernard Cazeneuve) zusammen.
Bis zum Jahresende wollen die Mitgliedsstaaten die Speicherung von Fluggastdaten mit dem EU-Parlament beschließen. Dann wird jeder Europäer wieder am Flughafen kontrolliert – und zwar nicht nur bei Flügen aus der Gemeinschaft hinaus oder zurück, sondern auch bei innereuropäischen Verbindungen. Frankreich will durchsetzen, dass die dabei gewonnenen Informationen ein Jahr lang gespeichert werden dürfen – das Europäische Parlament wollte bisher lediglich einen Monat zugestehen und hatte erhebliche Datenschutz-Bedenken.
Zusätzlich fordert Paris bei einreisenden Ausländern eine automatische Abfrage beim Schengen-Informationssystem (SIS) sowie bei den Datenbanken der Mitgliedsstaaten. „Wir müssen wissen, wer nach Europa fliegt, wer nach Europa zurückkommt, damit wir reagieren können“, begründete de Maiziere diesen Plan, mit dem die Gemeinschaft ihre Außengrenzen künftig besser kontrollieren will. Dazu gehört auch ein Ausbau des Europäischen Systems zur Information über Straftaten (ECRIS), in dem Vorstrafen von Ausländern erfasst werden.
EU-Waffenrecht soll verschärft werden
Bundesjustizminister Heiko Maas sagte in Brüssel, dass die Erkenntnisse über Syrien-Kämpfer vertieft werden sollten. Laut Europol sind bisher rund 5000 junge Europäer nach Syrien ausgereist und haben in den Diensten des sogenannten Islamischen Staates (IS) gekämpft. Schon jetzt gehe man, wenn genügend Beweise vorlägen, „konsequent“ gegen diese „Foreign Fighters“ (fremde Kämpfer) vor. Maas: „Der Generalbundesanwalt führt derzeit 120 Verfahren gegen 200 Beschuldigte in Deutschland.“
Darüber hinaus wollen die Mitgliedsstaaten das Waffenrecht in der EU verschärfen, um zu verhindern, dass sich Extremisten über das Internet aufrüsten oder unbrauchbar gemachte Gewehre oder Pistolen wieder in Betrieb nehmen. Die Finanzminister wurden aufgefordert, sich auf ihrer nächsten Sitzung auf Maßnahmen zu verständigen, mit denen die Finanzierung der Terror-Gruppen gestoppt werden kann. Deren Vermögen soll künftig eingezogen werden.
Frankreich drängt: „Wir haben keine Zeit“, betonte Innenminister Cazeneuve. Man erwarte, dass die einzelnen Schritte bis zum Jahresende vereinbart werden, um dann „sofort“ in Kraft zu treten.