zurück
BRÜSSEL
EU tut sich schwer mit Speicherung von Fluggastdaten
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 10.11.2014 21:40 Uhr

Die Drohung aus London war eigentlich überflüssig. Denn wenn es um den „gläsernen Fluggast“ geht, sind die deutsche Kanzlerin und der britische Premier weitgehend einer Meinung: Der Druck auf die Gemeinschaft, sich gegen rückkehrende Gotteskämpfer des Islamischen Staates zu wehren, nimmt zu. Es wächst die Bereitschaft der EU-Mitgliedsstaaten, die Daten der Passagiere auch auf innereuropäischen Reisen umfassend zu speichern.

„Dringendes Handeln“ sei geboten, heißt es aus Kreisen der Bundesregierung. In der Vorwoche hatten britische Medien berichtet, die Regierung wolle widerspenstige deutsche Airlines, die keine Angaben ihrer Fluggäste vorab übermitteln, mit einem Landeverbot belegen.

Abkommen noch vor Jahresende?

So weit dürfte es nicht kommen. Vertreter der Lufthansa bekräftigten bereits, einem entsprechenden europäischen oder bilateralen Abkommen Berlins mit London werde man nachkommen. Beides gibt es bisher nicht. Doch das könnte sich noch vor Jahresende ändern. Obwohl die Union schon seit sieben Jahren über eine Vereinbarung zur Übermittlung der Fluggastdaten (Passenger Name Records, kurz: PNR) streitet.

Zuerst ging es um 34 Datensätze jedes Passagiers, die US-Behörden noch vor dem Start jedes Jets haben wollen. Nachdem diese Übereinkunft trotz Hindernissen 2010 endlich geschlossen war, legte die Kommission ein Jahr später einen entschlackten Vorschlag für ein europäisches System vor. Ihr Anliegen: Wenn man selbst die Informationen über jeden Reisenden erhebe, könnte man die Airlines aus der Rolle des Zuträgers für Washington entlassen.

Doch die EU hat bisher keine machbare Lösung gefunden. Daran ist nicht zuletzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg schuld. Der hatte nämlich in diesem Jahr die Vorratsdatenspeicherung gekippt und dabei ein datenschutzrechtliches Grundgebot aufgestellt: Die anlassunabhängige Massenspeicherung von Daten ist nicht zulässig.

„Genau das wäre bei den Fluggastdaten aber der Fall“, sagt die Innen-Expertin der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament, Birgit Sippel. Schließlich wollen die Behörden nicht nur Name, Sitznummer, Heimatadresse, Reiseverlauf und Kreditkartenummer erfassen, sondern auch weitere private Details. Im Unterschied zu US-Flügen sollen aber einige Daten ausgeschlossen bleiben. Beispielsweise die Verpflegungswünsche an Bord: vegan, koscher, halal – das Washingtoner Heimatschutzministerium sieht auch darin vielversprechende Hinweise. Europa will das nicht wissen.

Deutschland stößt sich bisher an der im Kommissionsentwurf vorgesehenen Speicherdauer von fünf Jahren, die wiederum aus britischer Sicht an der unteren Grenze liegt. Unklar ist weiter, ob nur Informationen bei Flügen aus der EU in Drittstaaten und zurück oder auch bei Verbindungen innerhalb der Union gesammelt werden sollen.

Nun scheint London der Kragen zu platzen, es droht mit einem Landeverbot für Flieger, deren Gesellschaft vor dem Abflug keine Passagierdaten übermittelt hat. Das kommt nicht überraschend: Dieses Instrument hatten die USA auch schon genutzt, um die Zustimmung der Europäer zu erzwingen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Detlef Drewes
Deutsche Lufthansa AG
Europäischer Gerichtshof
Fluggastdaten
Fluggäste
Islamischer Staat
Premierminister
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen