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Brüssel
EU stellt sich auf Krach mit Johnson ein
Der Brexit-Vertrag wird nicht neu verhandelt – Für Brüssel bleibt es beim Austrittsdatum 31. Oktober
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 05.08.2019 02:14 Uhr

Es dauerte nicht einmal eine Stunde, da gingen in London schon die ersten Reaktionen der EU für den künftigen Premierminister des Vereinigten Königreiches ein. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker werde mit Boris Johnson „so gut wie möglich“ kooperieren, teilte seine Sprecherin mit. Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier versprach ebenfalls „konstruktive Zusammenarbeit, um die Ratifizierung des Austrittsabkommens zu erleichtern und um einen geregelten Brexit zu gewährleisten“.

Wirklich herzlich klang das nicht und war auch nicht so gemeint. Die Skepsis der EU, ob der Austrittsvertrag mit Großbritannien unter Johnson noch eine Chance haben könnte, ist groß. David McAllister (CDU), Chef des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament, erinnerte in einer ersten Stellungnahme denn auch „an die besondere Verantwortung für das Vereinigte Königreich“, die der designierte Premier nun trage. Der Vorsitzende der SPD-Gruppe im Abgeordnetenhaus der Union, Jens Geier, warnte den künftigen Regierungschef, er solle nicht glauben, sich gegen die EU durchzusetzen, sei „nur eine Frage der Unbeugsamkeit“.

In Brüssel erwartet man, dass Johnson schon bald anreist und einen neuen Versuch unternehmen wird, den mit seiner Vorgängerin Theresa May ausgehandelten Deal zu öffnen und Erleichterungen für die Insulaner durchzusetzen. Dabei haben die EU-Spitzen ebenso wie die 27 Staats- und Regierungschefs sich längst auf eine Antwort festgelegt, die Berlins Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) erst vor ein paar Tagen erneuerte: „Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind nicht erpressbar.“ Der Vertrag stehe nicht zur Disposition.

Hinter den Kulissen hat man sich schon während des Wahlkampfes um den Vorsitz der britischen Konservativen mit den Forderungen Johnsons auseinandergesetzt. Der hatte beispielsweise angekündigt, die vereinbarten 44 Milliarden Euro für die langfristigen Verpflichtungen Londons in der EU nicht zu zahlen. Brüssel glaubt, da am längeren Hebel zu sitzen. Denn zum einen zahlt die Gemeinschaft bei dieser Summe sogar noch drauf – die Rechnung über alle ausstehenden Positionen, an denen Großbritannien beteiligt ist, liegt nämlich bei 100 Milliarden Euro.

Viel gravierender für London dürfte zum anderen die Tatsache sein, dass im Falle eine Zahlungsverweigerung die EU laufende Subventionen mit sofortiger Wirkung einstellen würde. Ein französischer Regierungsbeamter sagte, dies „käme einem Staatsbankrott gleich“, weil Unternehmen, Landwirte und nicht zuletzt die Kommunen mit dem Versiegen einer wichtigen Geldquelle rechnen müssten. Johnson schnitte sich sozusagen ins eigene Fleisch. Das gilt aus der Sicht Brüssels auch für einen No-Deal-Brexit, bei dem die zweijährige Übergangs- und Anpassungsphase obsolet wäre. Für die Wirtschaft des Vereinigten Königreiches wären die Konsequenzen schwerwiegend, da sie von heute auf morgen ohne Geschäfte auf dem europäischen Binnenmarkt klarkommen müsste.

Hinter vorgehaltener Hand lassen Diplomaten durchblicken, dass die Union ja schon „einige Erfahrung mit der Sprunghaftigkeit“ Johnsons gemacht habe. Deshalb schließe man auch nicht aus, dass der zukünftige Premier ohne den Druck, gewählt werden zu müssen, vielleicht eine kompromissbereitere Linie einschlägt. Das Austrittsdatum 31. Oktober stehe jedenfalls fest, hieß es aus dem Umfeld der EU-Kommission. Dennoch ließe sich die Gemeinschaft wohl nochmal um eine Verlängerung bitten – gute Argumente vorausgesetzt.

 
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