Mit einem umstrittenen Rekordergebnis von 83,5 Prozent hat sich „Europas letzter Diktator“ Alexander Lukaschenko eine fünfte Amtszeit gesichert. Trotz schwerer Fälschungsvorwürfe sprach die Wahlleitung in Minsk dem autoritär regierenden Präsidenten am Montag so viele Stimmen zu wie nie zuvor seit Amtsantritt vor 21 Jahren.
Die Europäische Union kündigte dennoch an, Sanktionen gegen Weißrussland zumindest für vier Monate aussetzen zu wollen. Sie will damit Lukaschenkos Entgegenkommen in den vergangenen Monaten würdigen und Anreize für mehr Demokratie setzen.
Die Wahl sei zwar nicht nach internationalen Standards verlaufen, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier am Montag nach einem Treffen mit EU-Amtskollegen in Luxemburg. Im Vergleich zu den beiden letzten Präsidentschaftswahlen habe es allerdings Veränderungen gegeben.
„Wir haben beobachtet, dass auf die Opposition keine offenbaren Repressalien ausgeübt worden sind und insbesondere im Vorfeld der Wahlen auf Gewalt verzichtet worden ist“, sagte Steinmeier. Zudem seien vor der Wahl politische Gefangene freigelassen worden. Nach seiner Wiederwahl vor fünf Jahren hatte Lukaschenko Proteste blutig niederschlagen lassen.
Die Opposition reagierte hingegen empört auf die „Pseudowahl“ vom Sonntag und kündigte Proteste an. Auch internationale Wahlbeobachter kritisierten „ernste Probleme“ bei der Stimmenauszählung. So sei etwa Mitarbeitern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bei der Stimmenauszählung die Sicht versperrt worden, sagte der Leiter der OSZE-Mission, Kent Härstedt, in Minsk. Er sprach von einem „sehr ernsten Problem“.
Ales Beljazki, einer der bekanntesten Menschenrechtler der früheren Sowjetrepublik, lehnte eine Aufhebung der Sanktionen ab. „Wir brauchen echte demokratische Reformen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Beljazki hofft durch den Literaturnobelpreis für die Lukaschenko-Kritikerin Swetlana Alexijewitsch auf einen Schub für die zersplitterte Opposition. Der Ex-Präsidentenkandidat Nikolai Statkewitsch sprach von Manipulationen und einer „Pseudowahl“. Er kündigte für Ende November Straßenproteste gegen Lukaschenko an.
Von den Sanktionen wie EU-Einreiseverboten und Kontensperrungen waren zuletzt 175 Einzelpersonen und 14 Organisationen betroffen. Steinmeier betonte, die Sanktionserleichterungen sollten nicht für diejenigen gelten, die sich in der Vergangenheit persönlich bei der Ausübung von Gewalt schuldig gemacht hätten. Ob Sanktionen komplett auslaufen können, soll nach Angaben Steinmeiers Anfang nächsten Jahres entschieden werden.
Glückwünsche für den „überzeugenden Sieg“ kamen hingegen vom russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er sei sicher, dass Lukaschenko weiter zur Entwicklung der strategischen Partnerschaft beider Nachbarländer beitrage, schrieb der Kremlchef in einem Telegramm. Zuletzt hatte es Spannungen zwischen Moskau und Minsk gegeben.