zurück
BRÜSSEL
EU-Russland-Gipfel: Missverständnisse und offene Fragen
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 28.01.2014 20:13 Uhr

Die EU-Spitze wollte mit dem russischen Präsidenten „Tacheles“ reden. Wladimir Putin hatte sich vorgenommen, den Europäern „den Kopf zu waschen“. Als der Mann aus dem Kreml nach dem Kurz-Gipfel von Brüssel mit EU-Kommissionschef José Manuel Barroso und Ratspräsident Herman Van Rompuy vor die Mikrofone trat, gaben sich die beiden Parteien allerdings einsichtig. Man sprach von „Missverständnissen“, erinnerte an den russischen Schriftsteller Fjodor Dostojewski, der über das Unheil „unausgesprochener Dinge“ philosophiert hatte und versprach, dass „wir mehr miteinander reden müssen“.

„Wir sollten verstehen, dass Moskau und Brüssel den Ländern der östlichen Partnerschaft helfen können und müssen“, zeigte sich sogar Putin einsichtig und wiederholte nahezu gleichlautend, was vor ihm bereits seine beiden europäischen Gesprächspartner festgestellt hatten – sie nannten allerdings die Ukraine beim Namen. Barroso und Van Rompuy verurteilten die Eskalation der Gewalt, die undemokratische Verschärfung der Demonstrationsgesetze in Kiew. Zeitweise war man versucht, den Auftritt der drei Staatsführer als Auftrag an die Ukraine zu verstehen, endlich wieder zur Ruhe zu kommen, sich eine vernünftige Regierung zu wählen und sich dann vor allem nicht mehr zwischen dem Kreml und der EU entscheiden zu müssen, weil man auch beide zusammen haben kann. „Das ist unsere Botschaft“, betonte Putin.

Moskau und Brüssel wollen nun Experten benennen, die „Missverständnisse“ und „offene Fragen“ klären. „Europa hat nicht deutlich genug gemacht, dass es Russlands Sphäre nicht stören will“, sagte ein hoher Diplomat aus der Putin-Delegation. „Die Russen mussten sich einsichtig zeigen, um in wenigen Tagen bei den Olympischen Spielen nicht als Diktatoren dazustehen“, meinte ein Vertreter der EU-Mannschaft. Nun hat man sich sechs Monate Zeit gegeben, um Mitte des Jahres beim nächsten Gipfeltreffen in Sotchi ein neues Abkommen über strategische Zusammenarbeit zu vereinbaren. Putins Erwartungen sind dabei hoch: „Wir wollen die ökonomische Zusammenarbeit vorantreiben“, betonte er. Barroso sprach gar von einem gemeinsamen Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok. Die EU, eingebunden in eine östliche und eine transatlantische Partnerschaft – es sind erste Grundzüge einer strategischen Neuausrichtung, von der beide Seiten sprachen. Mit unterschiedlichen Akzentuierungen: Putin redete nahezu ausschließlich von Wirtschafts- und Energiefragen, die EU-Führungsriege nannte auch die Menschenrechte als zentrales Thema. Putin schwieg dazu.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Detlef Drewes
Fjodor Michailowitsch Dostojewski
Herman Van Rompuy
José Manuel Durão Barroso
Russische Regierung
Wladimir Wladimirowitsch Putin
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen