zurück
BRÜSSEL
EU-Betrugsbekämpfer haben gut zu tun
reda
 |  aktualisiert: 02.06.2015 19:23 Uhr

Die „Operation Snake“ (Schlange) gehört zu den Erfolgsgeschichten von Olaf. Das europäische Amt für Betrugsbekämpfung (Olaf ist die Abkürzung des französischen Namens Office Européen de Lutte Anti-Fraude) hatte im März 2014 einen Tipp bekommen. Zusammen mit den Zollbehörden der EU-Mitgliedsstaaten und der Generalverwaltung des chinesischen Zolls machten die Fahnder Jagd auf nicht weniger als 1500 Container.

Die Behälter waren prall gefüllt mit Mobiltelefonen, Elektronik-Artikeln und anderen Waren für den europäischen Markt, deren Wert man aber in den Papieren so weit nach unten korrigiert hatte, dass den EU-Behörden rund 80 Millionen Euro an Steuereinnahmen entgangen wären, wenn die Sache nicht kurz zuvor aufgeflogen wäre.

Das ist nur eine von insgesamt 250 Operationen, die Olaf im Vorjahr erfolgreich abschließen konnte. 1417 Hinweisen sei man nachgegangen, sagte Olaf-Chef Giovanni Kessler am Dienstag in Brüssel, als er den Jahresbericht 2014 vorstellte. Nie zuvor habe man so viele Tipps von Bürgern und offiziellen Stellen erhalten. 234 Verfahren wurden neu eröffnet. Binnen 21 Monaten konnten die Vorgänge im Schnitt abgeschlossen werden.

Gefälschte Markenprodukte

„Wir haben uns auf die Fälle konzentriert, in denen der größte Handlungsbedarf bestand und bei denen wir mit unserem Eingreifen wirklich etwas bewegen konnten.“ Wie bei der „Operation Replica“, als die Fahnder zusammen mit Interpol, Europol und den Zollbehörden 1,2 Millionen gefälschte Markenprodukte und 130 Millionen Zigaretten beschlagnahmten, die am europäischen Zoll vorbei in die EU eingeschleust werden sollten. Doch die Erfolgsgeschichte des Amtes ist nicht unumstritten. Vor allem die Europa-Abgeordneten beäugen die Selbstdarstellung von Olaf zunehmend kritisch.

Ingrid Gräßle, Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses im Europäischen Parlament, sagt deutlich: „Wir wurden in den vergangenen Jahren systematisch angelogen.“ Da seien Fallzahlen extra aufgegliedert, um die Angaben zu steigern und besser dazustehen. Fälle seien sogar extra eröffnet und kurz darauf wieder geschlossen worden, um die Erfolgsstatistik „künstlich aufzublasen und die Untersuchungsdauern zu senken“.

Fehlende Unabhängigkeit

Tatsächlich gibt es viel Kritik an der fehlenden Unabhängigkeit von Olaf. Gräßle und andere halten den Betrugsbekämpfern vor, regelrecht an der langen Leine der EU-Kommission zu hängen und nicht wirklich offen und autonom reagieren zu können.

Ein Auslöser des Streits ist der Olaf-Untersuchungsbericht zum überraschenden Rücktritt des damaligen EU-Gesundheitskommissars John Dalli im Oktober 2012. Das Papier über eine mögliche Kampagne der Tabak-Lobby gegen den missliebigen Kommissar wurde bis heute nicht veröffentlicht.

Später tauchten Spekulationen auf, denen zufolge Olaf Zeugen für die Anhörung im Parlament beeinflusst haben soll.

Im Tätigkeitsbericht des Vorjahres spielen diese Dinge keine Rolle mehr. Stattdessen belegen die Betrugskämpfer der EU, dass sie auf breiter Front nicht nur gegen Schmuggler und Zollbetrüger erfolgreich waren, sondern die missbräuchliche Verwendung von europäischen Fördermitteln stoppen konnten.

Insgesamt habe das Amt, so dessen Chef Giovanni Kessler, der Kommission empfohlen, 901 Millionen Euro von den Empfängern in mehreren Mitgliedsstaaten zurückzufordern, weil die Gelder aufgrund mangelnder Eignung der Projekte nicht hätten überwiesen werden dürfen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Europol
Europäische Kommission
Fahnder
Haushaltskontrollausschüsse
Interpol
John Dalli
Markenartikel
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen