Der mit Spannung erwartete Augenblick fand am Mittwoch völlig unspektakulär statt: Frankreichs Finanzminister Michel Sapin übermittelte die Eckdaten seines Haushalts für 2015 an die Brüsseler EU-Kommission. Zwei Wochen haben die Mitarbeiter des derzeitigen Wirtschafts- und Währungskommissars Jyrki Katainen nun Zeit, um das Zahlenwerk zu sichten – und es dann zurückzuweisen. Davon gehen zumindest alle Beobachter aus.
Wer wie Frankreich seine Verpflichtung, die Drei-Prozent-Hürde bei der Neuverschuldung einzuhalten, zunächst von 2013 auf 2014, dann auf 2015 und nun auf 2017 verschieben will, dürfe nicht mit Milde rechnen können, heißt es. Zumal die Zahlen eindeutig scheinen: 4,4 Prozent Defizit im laufenden Jahr, 4,3 Prozent im nächsten, erst 2017 wieder weniger als drei Prozent Neuverschuldung, einen ausgeglichenen Haushalt soll es nicht vor 2019 geben. Die Stellungnahmen aus dem Europäischen Parlament sind eindeutig: „Wenn die Kommission jetzt nicht durchgreift, ist die 2011 verschärfte Haushaltskontrolle nur noch Makulatur“, hieß es am Mittwoch in verschiedenen Äußerungen der Abgeordneten.
Dabei hatte sich die französische Regierung bei Beratungen in der Nationalversammlung am Dienstag noch einmal kämpferisch gegeben. „Die Haushaltssouveränität liegt alleine beim französischen Parlament“, betonte Finanzminister Michel Sapin und belehrte Brüssel: „Die Kommission hat absolut nicht die Macht, den Haushalt abzulehnen, zurückzuweisen oder zu zensieren.“ Rückendeckung bekam der Pariser Kassenwart von Premierminister Manuel Valls, der erneut betonte, er „akzeptiere keine Lektion über gutes Wirtschaften“.
Rein formal haben die beiden recht. Die Europäische Kommission kann keinen Etat-Plan ablehnen oder Änderungen erzwingen. Allerdings sehen die Vereinbarungen, die auch Frankreich unterzeichnet hat, die Möglichkeit sogenannter „Empfehlungen“ vor. Die Unterzeichner der neuen Etat-Überwachung haben sich verpflichtet, diese „Ratschläge“ zu übernehmen. Ansonsten darf die Kommission Geldbußen von bis zu zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes als Strafe verhängen.