Es ist 21.40 Uhr an diesem Freitag, dem 13. November 2015. Die US-Band Eagles of Death Metal hat gerade „Kiss the devil“, „Küsse den Teufel“, angestimmt. Ausgelassen tanzen ihre Fans in der Pariser Konzerthalle „Bataclan“ dazu, die mit 1500 Zuschauern voll besetzt ist.
Das Licht flackert in grellen Farben – da übertönen dumpfe Schießgeräusche die Rockmusik. Unmittelbar brechen die Musiker ab, fliehen hinter die Bühne. Und wer zunächst noch gedacht hat, das Spektakel gehöre mit zur Show, erkennt schnell, dass er bitter irrt. Zweieinhalb Stunden wird der Terror-Angriff dauern, bei dessen Ende 89 Menschen tot sind und Hunderte verletzt; ein weiterer Konzertbesucher stirbt später im Krankenhaus. Auch die drei Attentäter überleben nicht.
Parallel dazu ermorden Komplizen vor Cafés und Restaurants in Paris sowie vor dem Fußballstadion Stade de France im Vorort Saint-Denis weitere 40 Menschen. Die Terror-Serie erschüttert Frankreich. Und zwar bis heute.
Gestern wurde im Rahmen der Ermittlungen der Ablauf der Horror-Nacht im „Bataclan“ nachgestellt. Eine Gruppe von Abgeordneten war anwesend, Überlebende, Angehörige und die Presse aber ausgeschlossen. Bekannt ist, dass die schwer bewaffneten Islamisten Samy Amimour, Foued Mohamed-Aggad und Ismaël Mostefai zunächst einen Wachmann niederschossen, um durch den Haupteingang in die Konzerthalle einzudringen.
Im Saal ballerten sie wahllos in die Menge – innerhalb weniger Minuten fielen Dutzende Menschen zu Boden. Wer konnte, versteckte sich, rannte zu den Notausgängen oder in den ersten Stock. Doch genau dorthin gingen zwei der Terroristen, um etwa 20 verängstigte Besucher als Geisel zu nehmen. „Wir machen dasselbe wie ihr in Syrien“, riefen die Männer, die sich zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannten, Überlebenden zufolge. „Ihr tötet unsere Frauen, unsere Brüder und unsere Kinder, jetzt machen wir dasselbe mit euch!“ Lachend zielten sie auf Menschen. Gegen 22.30 Uhr schoss ein Polizist auf den dritten Angreifer im Erdgeschoss, der sich daraufhin selbst in die Luft sprengte. Derweil arbeiteten sich Mitglieder von Polizei-Eliteeinheiten BRI und Raid langsam voran, wie BRI-Chef Christophe Molmy später gegenüber Medien beschrieb.
„Hinter jeder Tür stießen wir auf verängstigte Menschen, um die man sich kümmern, aber auch überprüfen musste, ob sie nicht Sprengsätze trugen.“ Überall lagen Tote und Verletzte in ihren Blutlachen, aber auch Unverletzte, die sich nicht zu rühren wagten. Wo die Terroristen sich befanden und wie viele sie waren – das erschien unklar.
Über das Handy einer Geisel telefonierte die Polizei mit ihnen, doch Verhandlungsversuche scheiterten. Gegen 0.20 Uhr starteten die Eliteeinheiten einen Sturmangriff, ein chaotischer Schusswechsel begann, zu Tode kamen nur die beiden Terroristen. Nach und nach wurde die Konzerthalle evakuiert. „Dabei klingelten die Handys der Opfer immer weiter“, sagte BRI-Vizechef Georges Salinas später. „Es war eine surreale Atmosphäre. Unsere Beamten sind schwierige Szenen gewöhnt – das überstieg alles.“ Das „Bataclan“ wird zum Ende des Jahres wieder öffnen.