Der weltgrößte Flughafen, der erste Tunnel zwischen zwei Kontinenten, die höchsten Minarette – jetzt will sich der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan ein weiteres Denkmal setzen: Am Samstag setzte er an den Dardanellen den ersten Spatenstich für die längste Hängebrücke der Welt.
Erdogan nutzte die Feier, um für sein geplantes Präsidialsystem zu werben – und um gegen die Europäer auszuteilen. Im Konflikt um die Wahlkampfauftritte türkischer Regierungspolitiker im Ausland werde er sich nicht unterkriegen lassen, versprach Erdogan seinen Anhängern. Die an mehreren Orten ausgesprochenen Auftrittsverbote widersprächen dem Völkerrecht, so Erdogan. „Ob es nun Deutsche, Holländer, Österreicher, Schweizer, Belgier, Dänen sind, oder wer auch immer, Ihr könnt sicher sein, dass euer Präsident nicht nachgegeben hat und nicht nachgeben wird“, so Erdogan. Im Streit mit den Niederlanden habe sich Kanzlerin Angela Merkel auf deren Seite gestellt. „Schämen Sie sich, Frau Merkel!“, rief Erdogan.
Und am Sonntag legte der türkische Präsident noch einmal nach und warf Merkel persönlich „Nazi-Methoden“ vor. „Du wendest auch gerade Nazi-Methoden an“, sagte Erdogan in Istanbul an Merkel gerichtet. „Bei wem? Bei meinen türkischen Geschwistern in Deutschland, bei meinen Minister-Geschwistern, bei meinen Abgeordneten-Geschwistern, die dorthin reisen“, sagte Erdogan.
Für zusätzliche Spannungen sorgt jetzt die Rolle der Gülen-Bewegung beim Putschversuch in der Türkei im Juli 2016. Die Regierung sieht den Erdogan-Widersacher und Exil-Prediger Fethullah Gülen als Drahtzieher des versuchten Staatsstreichs. Zweifel daran hat der Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl. In einem Interview sagte der BND-Präsident, die Türkei habe „auf den verschiedensten Ebenen versucht, uns davon zu überzeugen, das ist ihr aber bislang nicht gelungen“. Erdogan-Sprecher Ibrahim Kalin sagte bei „CNN Türk“, die Äußerungen des BND-Chefs seien ein weiterer Hinweis darauf, dass Deutschland die Gülen-Bewegung fördere und als Instrument gegen die Türkei nutze.
Der türkische Verteidigungsminister Fikri Isik ging noch einen Schritt weiter. Im Fernsehsender „Kanal 7“ sagte Isik am Sonntag, die Äußerung des BND-Chefs werfe die Frage auf: „Steckte der deutsche Geheimdienst hinter dem Putschversuch?“ Der BND müsse nun aufdecken, welche Rolle er bei dem versuchten Staatsstreich gespielt habe, sagte Isik.
Erdogan-Sprecher Kalin warf Deutschland auch erneut vor, es unterstütze die in der EU als Terrororganisation verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK. Anlass des Vorwurfs: Am Samstag hatten in Frankfurt mehrere Zehntausend Kurden unter dem Motto „Nein zur Diktatur, Ja zu Demokratie und Freiheit“ gegen die geplante Verfassungsänderung demonstriert. Dabei wurden auch Bilder des inhaftierten PKK-Gründers Abdullah Öcalan gezeigt – was in Deutschland seit kurzem nicht mehr erlaubt ist.
Erdogan verteidigte bei der Grundsteinlegung in Gelibolu sein geplantes Präsidialsystem, das ihm eine nahezu unumschränkte Machtfülle geben soll. Wenn die Türkei wirtschaftlich erfolgreich sein wolle, brauche sie ein solches Regierungsmodell, das „Stabilität und Sicherheit“ garantiere. Mit Informationen von dpa