„Botschaft zur gesegneten Schlacht von Paris“, heißt der zynische Titel des elfminütigen Videos. „Wir, El Kaida im Jemen, übernehmen die Verantwortung für diese Operation – als Vergeltung für den Propheten Allahs“, deklamiert der bärtige Terror-Kommandeur Nasser al-Ansi in die Kamera. Der Angriff sei von El Kaida-Chef Ayman al-Zawahiri angeordnet worden. Die Mitstreiter im Jemen hätten das Ziel festgelegt, den Plan entworfen und finanziert sowie „die Helden rekrutiert“.
Die beiden getöteten Brüder Said und Cherif Kouachi unterhielten offenbar seit Jahren enge Verbindungen zu den Extremisten an der Südspitze der Arabischen Halbinsel. 2009 studierte Said nach Informationen aus Sanaa zunächst für einige Zeit an der Imam-Universität des radikalen Predigers Abdel Majid al-Zindani, der von den USA als „globaler Terrorist“ gesucht wird. Die Hochschule des sogenannten „roten Scheichs“, die inzwischen durch die schiitischen Houthis verwüstet und geschlossen wurde, galt viele Jahre lang als Kaderschmiede für Radikale aus aller Welt. Zwei Jahre später hielt sich Said Kouachi, aber auch sein Bruder Cherif, für mehrere Monate im Jemen auf – in einem El-Kaida-Trainingscamp, wo sie das Töten und den Umgang mit Waffen lernten.
Eingeladen hatte das Terror-Duo offenbar der in den USA geborene Scheich Anwar al-Awlaki, der bis zu seinem Tod im Herbst 2011 mehrfach zum Mord an Mohammed-Karikaturisten aufrief, ebenso wie das Online-Magazin „Inspire“ der jemenitischen Extremisten. „Gesucht, tot oder lebendig, für Verbrechen gegen den Islam“, hetzte das Blatt 2013 gegen den letzte Woche in Paris erschossenen Chefredakteur Stéphane Charbonnier von „Charlie Hebdo“.
El Kaida im Jemen gilt derzeit als die gefährlichste Filiale des von Osama bin Laden gegründeten Terrornetzwerks. Die Terrororganisation verwandelte das Land in den letzten zwei Jahrzehnten in einen Schauplatz schwerer Attentate. Blutiger Auftakt war im Oktober 2000 eine Motorboot-Attacke auf den amerikanischen Zerstörer USS Cole, der im Hafen von Aden aufgetankt wurde. 200 Kilogramm Sprengstoff rissen ein Loch in den Schiffsrumpf. 17 Seeleute starben, 39 wurden verwundet. 2009 verlagerte die El Kaida-Führung ihre Verbrechen erstmals ins Ausland. Im Dezember versuchte ein Attentäter, dem Sprengstoff in die Unterhose eingenäht worden war, einen amerikanischen Airbus über Detroit zum Absturz zu bringen.
Im Oktober 2010 verschickten die Bombenbastler aus dem Jemen zwei mit Dynamit präparierte Druckerpatronen per Luftfracht an jüdische Gemeinden in den USA, doch der Terrorplan wurde rechtzeitig entdeckt. Ein Jahr später eroberten die Extremisten, deren Zahl auf 500 bis 1000 geschätzt wird, erstmals mehrere Landstriche entlang der Küste zum Golf von Aden, aus denen sie die Armee erst unter hohen Verlusten wieder vertreiben konnte.
Die Zahl der amerikanischen Drohnenangriffe im Jemen liegt nach Angaben des „Long War Journals“ mittlerweile seit drei Jahren gleichauf mit den Einsätzen in Pakistan. Trotzdem steigt die Zahl der Terrorattentate von Jahr zu Jahr weiter, allein im ersten Halbjahr letzten Jahres verloren jemenitische Armee und Polizei 374 Männer.