Die Spannungen zwischen der Türkei und Ägypten eskalieren. Am Wochenende erreichten die strapazierten Beziehungen mit der Ausweisung des türkischen Botschafters aus Ägypten einen neuen Tiefpunkt. Die Türkei erklärte daraufhin ihrerseits den ägyptischen Botschafter zur unerwünschten Person. Seit dem Sturz des islamistischen ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi und der Machtübernahme des Militärs Anfang Juli hat sich das Verhältnis zwischen beiden Ländern verschlechtert. Der islamisch-konservative türkische Premier Tayyip Erdogan machte schon während der Massenproteste vom Januar 2011 gegen den damaligen Präsidenten Hosni Mubarak aus seiner Sympathie für Mursis Muslimbruderschaft keinen Hehl. Den Sturz des Präsidenten Mursi durch die Armee Anfang Juli verurteilte Erdogan als Putsch.
Die gewaltsame Räumung von Protestlagern der Muslimbrüder, bei der in Kairo im August Hunderte Menschen getötet wurden, löste empörte Reaktionen der türkischen Regierung aus. Erdogan hat auch den Prozess gegen den abgesetzten Mursi scharf kritisiert: „Ich habe keinerlei Respekt für jene, die ihn vor Gericht stellen“, sagte er. Das war für die von den Militärs installierte ägyptische Übergangsregierung der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Am Samstag gab das Außenministerium in Kairo bekannt, der türkische Botschafter Hüseyin Avni Botsali werde „wegen ständiger Einmischung“ der Türkei in innere Angelegenheiten Ägyptens ausgewiesen. Der Botschafter muss das Land bis zum 29. November verlassen. In einer Erklärung warf das Außenministerium der Türkei vor, sie unterstütze Organisationen, die auf eine Destabilisierung Ägyptens hinarbeiteten. Das war eine Anspielung auf die engen Kontakte, die Erdogans islamische Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei zu den Muslimbrüdern unterhält.
Nach Darstellung der ägyptischen Regierung haben sich Funktionäre der Muslimbruderschaft mehrfach in der Türkei getroffen, um den Widerstand gegen die Übergangsregierung zu organisieren und Pläne für eine Rückkehr Mursis an die Macht zu schmieden. Die Türkei reagierte auf die Ausweisung ihres Botschafters noch am Samstag und erklärte den ägyptischen Botschafter zur unerwünschten Person. Der Diplomat hält sich allerdings ohnehin bereits seit August nicht mehr in Ankara auf.
Premier Erdogan erneuerte am Samstag seine Kritik an der Übergangsregierung in Kairo: „Ich werde niemals Respekt für jene haben, die durch einen Putsch an die Macht gekommen sind“, sagte er. Erdogans Schulterschluss mit den Muslimbrüdern hat in arabischen Staaten, die Ägyptens Übergangsregierung stützen, Irritationen ausgelöst. So stornierten die Vereinigten Arabischen Emirate ein Zwölf-Milliarden-Dollar-Projekt zum Bau eines Kraftwerks in der Türkei. Beobachter glauben, die Absage sei eine Reaktion auf Erdogans Unterstützung für die Muslimbrüder.