Die Atomverhandlungen mit dem Iran gehen in die Endrunde. Bis Dienstag, 31. März, wollen die UN-Vetomächte USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien sowie Deutschland mit dem persischen Land ein Rahmenabkommen im Atomstreit erzielt haben. Dieses könnte die Vorstufe für eine umfassende Lösung des Streits bis zum Sommer sein. In den Verhandlungen geht es darum sicherzustellen, dass der Iran keine Kernwaffen entwickelt, Atomenergie aber friedlich nutzen kann. Teheran hat stets bestritten, eine Atombombe besitzen zu wollen. Im Gegenzug für die Einschränkung und Kontrolle seines Atomprogramms verlangt Teheran die Aufhebung der seit Jahren bestehende wirtschaftlichen Sanktionen.
Seit Sonntag nun sitzen die Beteiligten für die abschließenden Beratungen im schweizerischen Lausanne zusammen. Ein positives Ergebnis scheint so nahe, dass sowohl der amerikanische Außenminister John Kerry als auch seine deutschen und französischen Kollegen, Frank-Walter Steinmeier und Laurent Fabius, ihren Aufenthalt in der Schweiz bis Montag verlängern. Kerry sprach am Sonntag eine Stunde lang mit den Spitzen der iranischen Delegation, melden die Agenturen.
Dass die Chancen für eine Einigung gut sind, davon ist auch Huschang Sahabi überzeugt. Der in Würzburg lebende Ex-Manager und Präsident des Bundesverbandes „Dialog zum Wohle des Kindes“ mischt nach eigenen Angaben als Vermittler hinter den Kulissen mit. „Ich bin seit vier Jahren als unscheinbarer Botschafter in Kontakt mit beiden Seiten und die Informationen, die ich habe, machen mich zuversichtlich, dass es zu einer Einigung kommt“, sagt er bei einem Gespräch in seinem Haus in Würzburg. Sahabi ist überzeugt, dass Barack Obama eine Einigung im Atomstreit genauso sehr braucht wie der Iran.
Vor allem deshalb, weil das persische Land eine wichtige Rolle im Kampf gegen die Terrormiliz des Islamischen Staates (IS) in Syrien und im Irak spielen könnte. „Der IS kann nicht mit Bomben aus der Luft gestoppt werden. Der Iran ist die einzige Macht, mit der die Miliz vernünftig bekämpft werden kann“, so Sahabi.
Tatsächlich sind die Beziehungen zwischen dem Irak, wo es eine schiitische Bevölkerungsmehrheit gibt, und dem Iran, der ebenfalls schiitisch geprägt ist, traditionell sehr eng. So unterstütz Teheran schon seit Monaten die Milizen im Irak beim Kampf gegen den sunnitischen IS. Dabei soll sowohl ein Vorrücken auf die schiitischen Heiligtümer Kerbala und Najaf verhindert als auch die schiitische Achse, die sich vom Iran, über den Irak bis nach Syrien und in den Libanon erstreckt, gesichert werden. „Der Iran will als Regionalmacht anerkannt werden. Der Kampf gegen den IS ist vor allem auch ein Kampf um die Vormachtstellung in der Region“, erklärte der renommierte Islamwissenschaftler Michael Lüders unlängst in einem ZDF-Interview.
Aus welchen Motiven auch immer – für Sahabi ist der Iran im Kampf gegen den IS unabdingbar und dies wiederum ein wichtiges Puzzleteil in den Atomverhandlungen.
Dass diese von den amerikanischen Republikanern oder Israels Staatschef Benjamin Netanjahu noch torpediert werden könnten, glaubt Sahabi nicht. Den Brief, den 47 republikanische Senatoren im März an das iranische Regime schickten, um darauf hinzuweisen, dass Präsident Obama gar nicht die Befugnis habe, ein dauerhaftes Abkommen im Atomstreit zu schließen, bezeichnet er als „unüblich und lächerlich“. Das Schreiben sei von der iranischen Regierung nicht ernst genommen worden. Wahr ist aber auch, dass Obama die weitgehend vom amerikanischen Kongress beschlossenen Sanktionen zwar lockern, eine Aufhebung aber schwierig werden könnte, da dieser die Republikaner zustimmen müssten. Und die haben momentan die Mehrheit.
Sahabi ist dennoch zuversichtlich. Auch, weil sich das Verhältnis zwischen dem Iran und dem Westen entspannt hat, seit Präsident Hassan Rohani den oft provokant auftretenden Mahmud Ahmadinedschad abgelöst hat. „Rohani ist ein moderater Mensch und sein Außenminister, Mohammed Dschawad Sarif, hat in den USA studiert. Das sind vernünftige Leute“, so Sahabi. Seit der Wahl vor zwei Jahren habe es von Seiten des Irans keine aggressiven Worte mehr gegeben, stattdessen suche man den Dialog.
Da passt es ins Bild, dass Präsident Hassan Rohani laut Agenturangaben am Samstagabend in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel ankündigte, nach einer Einigung wieder bessere Beziehungen zu Deutschland anzustreben. Der Streit der letzten Jahre habe die historische Beziehung beider Länder beeinträchtigt. Das sieht auch Sahabi so. Deutschland sei als Wirtschaftspartner für den Iran lange an erster Stelle gewesen, doch inzwischen von Russland und China abgelöst worden. „Ich liebe Deutschland und möchte, dass die wirtschaftliche Stellung der Bundesrepublik im Iran wieder dominant wird“, sagt Sahabi.
Zu diesem Zweck will er in naher Zukunft Deutsche und Iraner auf einer Art Wirtschaftskongress zusammenbringen, um zu beraten, wie man Hindernisse aus dem Weg räumen und die Aufnahme der wirtschaftlichen Beziehungen beschleunigen kann. Für Sahabi spielt dabei auch der schwelende Konflikt mit Russland eine Rolle, könnte der Iran doch Deutschland und der Ukraine helfen, vom Gas und Öl der Großmacht unabhängig zu werden. Momentan darf der Iran kein Öl in die EU importieren. Doch das, so hofft Sahabi, könne sich ja vielleicht bald ändern.