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Einfach nur die Welt retten
Klimagipfel: Ein zweiwöchiger Verhandlungsmarathon mit 40 000 Teilnehmern soll die Erderwärmung und ihre Folgen begrenzen. Paris hat sich also nicht weniger als eine Mammutaufgabe vorgenommen.
China air pollution       -  Das Grauen in Grau: Während Präsident Xi Jinping an der Weltklimakonferenz in Paris teilnimmt, hält massive Luftverschmutzung weite Teile Chinas im Würgegriff. In Peking wurde wegen der hohen Schadstoffbelastung die Alarmstufe orange ausgerufen: Der Feinstaub-Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation wurde um das 24-Fache überschritten.
Foto: How Hwee Young | Das Grauen in Grau: Während Präsident Xi Jinping an der Weltklimakonferenz in Paris teilnimmt, hält massive Luftverschmutzung weite Teile Chinas im Würgegriff.
Birgit Holzer
 |  aktualisiert: 09.12.2015 03:45 Uhr

François Hollande ließ erst gar keinen Zweifel an der historischen Bedeutung des Ereignisses aufkommen, zu dem er am Montag empfing. „Auf Ihren Schultern liegt die Hoffnung der gesamten Menschheit“, erklärte der französische Präsident zur Eröffnung der UN-Klimakonferenz COP21 vor den Toren von Paris, zu der mehr als 150 Staats- und Regierungschefs angereist sind. „Wir haben nicht das Recht, diese Hoffnung zu enttäuschen.“ Kein Land sei vor den Folgen des Klimawandels gefeit, der zu Hungersnöten und Kriegen führe und nicht zuletzt mitverantwortlich sei für Konflikte, die hohe Flüchtlingszahlen zur Folge haben. Das mache eine Einigung, die für alle gelte und juristisch bindend sei, so wesentlich, mahnte Hollande: „Wir entscheiden in einigen Tagen über mehrere Jahrzehnte.“

Als Gastgeberland bereitet Frankreich seit Monaten die Konferenz vor, die mit rund 40 000 Teilnehmern die größte diplomatische Veranstaltung ist, die es je organisiert hat. Ein Vertrag mit ehrgeizigen Zielsetzungen zur Begrenzung der Erderwärmung durch Treibhausgase am Ende des zweiwöchigen Verhandlungsmarathons wäre auch ein wichtiger Erfolg für Paris. Dieser sei „in Reichweite“, aber längst nicht gesichert, sagte der französische Außenminister Laurent Fabius. Er drückte damit die Stimmung zwischen vorsichtigem Optimismus und warnender Skepsis aus, die der COP21 vorangeht.

Die Staatschefs zum Start

Um ein krachendes Scheitern wie beim Klima-Gipfel in Kopenhagen 2009 zu vermeiden, entschieden sich die französischen Gastgeber für eine andere Organisation. Dieses Mal reisten die Staats- und Regierungschefs nicht erst am Ende der Verhandlungen an, bei denen man sich damals nicht auf eine Einigung verständigen konnte. Vielmehr sollten sie mit ihrer Anwesenheit gleich zum Auftakt einen Impuls geben, um dann ihre Delegationen die Details aushandeln zu lassen. Schon im Vorfeld hatten die Länder freiwillige Beiträge zugesagt.

Das Messegelände in Le Bourget nördlich von Paris wird von 2800 Sicherheitskräften geschützt. Um ein Verkehrschaos zu verhindern, war die Bevölkerung im Umkreis dazu aufgerufen, auf das Auto verzichten, nach Möglichkeit aber auch die öffentlichen Transportmittel zu meiden und am besten zu Hause zu bleiben. Die Hinweise illustrieren die Nervosität der Regierung. Seit den Terroranschlägen in Paris vor zweieinhalb Wochen herrscht Ausnahmezustand in Frankreich. Die Sicherheitskräfte wurden massiv aufgestockt, schwer bewaffnete Polizisten und Gendarmen patrouillieren die Straßen entlang. Auch als Signal dafür, dass man sich den Alltag nicht von islamistischen Fanatikern diktieren lässt, entschied sich Paris für die Beibehaltung des Gipfels.

Zahlreiche Veranstaltungen der Zivilgesellschaft, vor allem solche unter freiem Himmel, wurden hingegen aus Sicherheitsgründen abgesagt.

Für die Terroropfer wurde beim gestrigen Gipfel-Auftakt eine Schweigeminute abgehalten. US-Präsident Barack Obama hatte nach seiner Ankunft in Paris am Sonntagabend die Konzerthalle Bataclan, einen der Anschlagsorte, besucht. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel zog eine Parallele zu den brutalen Attacken und der bevorstehenden Herausforderung der Verhandlungen. „Wir zeigen durch unsere Anwesenheit, wir sind stärker als die Terroristen“ , sagte Merkel. Sie sprach sich dafür aus, Vereinbarungen zu treffen, die verbindlich alle fünf Jahre überprüft werden. Keine der freiwillig gemachten Zusagen der UN-Staaten zur Senkung der CO2-Emissionen dürfe abgeschwächt werden – denn Berechnungen von Experten zufolge reichen diese bisher nicht einmal aus, um die Erderwärmung unter zwei Grad zu halten. Außerdem, so Merkel, müssten die Regierungen der Industrienationen ihre Zusagen einhalten, Entwicklungsländern ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar als Hilfe für Klimaschutz-Maßnahmen zu überweisen.

Auch Obama erklärte seine Entschlossenheit im Kampf gegen den Klimawandel: Als zweitgrößter Emittent von Treibhausgasen trage sein Land eine besondere Verantwortung, so der US-Präsident. Eine starke Wirtschaft und eine sichere Umwelt schlössen einander dabei nicht aus. Microsoft-Gründer Bill Gates und 27 weitere Vertreter von IT-Konzernen stellten die Initiative „Mission Innovation“ vor, mit der neue technologische Projekte im Kampf gegen den Klimawandel gefördert werden sollen.

Das Ergebnis in zwei Wochen

Werden die Chancen, in zwei Wochen ein Ergebnis in Form eines bindenden Vertrages präsentieren zu können, diesmal höher eingeschätzt als 2009 in Kopenhagen, dann aufgrund einer neuen Bereitschaft wichtiger Länder wie den USA und China, den Ausbau erneuerbarer Energien als wirtschaftliche Chance zu sehen. So erklärte der aus Peking angereiste Präsident Xi Jinping am Montag, in seinem Land hätten diese künftig Vorrang vor fossilen Brennstoffen. Allerdings forderte er zugleich, dass ein Klimaabkommen die unterschiedlichen Entwicklungen in den einzelnen Staaten berücksichtigen müsse.

Deren auseinanderdriftende Interessen und Perspektiven zu vereinen, stellt die Hauptherausforderung dieser zwei Wochen dar. „Ein politischer Moment wie dieser kommt vielleicht nicht wieder“, mahnte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon. War dieser erste Tag der Klimakonferenz den großen politischen Verlautbarungen gewidmet, so gilt als entscheidend, was bis zum offiziellen Abschluss am 11. Dezember an Konkretem folgt. Und noch mehr, was die Länder in den nächsten Jahren daraus machen.

Unternehmer und Staaten

Bill Gates (im Bild, Foto afp) und 27 bekannte Unternehmer haben eine Initiative vorgestellt, mit der neuartige technologische Projekte im Kampf um den Klimawandel gefördert werden sollen. Der Milliardär und Microsoft-Gründer stellte am Montag an der Seite von US-Präsident Barack Obama und zahlreichen Regierungschefs aus rund 20 Staaten auf dem Pariser Klimagipfel die neue „Breakthrough Energy Coalition“ vor.

Neben IT-Größen wie Amazon-Chef Jeff Bezos, Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, Ex-HP-Chefin Meg Whitman und dem SAP-Mitgründer Hasso Plattner finden sich auch andere Top-Unternehmer auf der Liste – darunter Aliko Dangote, der reichste Geschäftsmann Afrikas, die Finanziers George Soros und John Doerr sowie der Virgin-Gründer Richard Branson. Sie wollen sich mit einem Teil ihres Vermögens an der Erforschung sauberer Energie beteiligen. Rund 20 Staaten kündigten ihre Unterstützung an. Innerhalb von fünf Jahren (bis 2020) wollen die Länder – darunter Australien, Brasilien, Kanada, China, Frankreich, Deutschland und Großbritannien – ihre Ausgaben für die Entwicklung sauberer Energien verdoppeln, um den Ausstoß klimaschädlicher Gase wie Kohlendioxid zu verringern. Saubere, erschwingliche und zuverlässige Energiequellen könnten helfen, die Preise stabil zu halten und es auch ärmeren Ländern ermöglichen, ihre Armut zu überwinden, schreibt Gates in seinem Konzept. „Ich bin optimistisch, dass es in den nächsten 15 Jahren einen großen Durchbruch geben wird, den wir brauchen, um all diese Dinge zu tun.“

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