Standpunkt
Es lohnt sich, über das Thema sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen im Rahmen von Koalitionsverhandlungen noch einmal ganz ausführlich und offen zu sprechen. Die Hürden bei der Beschäftigung von Mitarbeitern wurden einst in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit gesenkt, um mehr Menschen in Lohn und Brot zu bringen. Das ist auch gelungen.
Eine Abschaffung der Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung würde eine nicht unbeträchtliche Einschränkung der Flexibilität für Arbeitgeber bedeuten. Doch in Zeiten, in denen in manchen Regionen Vollbeschäftigung und Fachkräftemangel herrschen, sind die Regeln nicht mehr nötig. Die Millionen betroffener Arbeitnehmer zahlen für die Flexibilität der Firmen einen viel zu hohen Preis. Für Beschäftigte, die sich oft jahrelang von Zeitvertrag zu Zeitvertrag hangeln, hängt die Unsicherheit wie ein Damoklesschwert über dem ganzen Leben. Die Familiengründung wird aufgeschoben, und ohne einen unbefristeten Arbeitsvertrag ist es schwer, einen Kredit für einen Wohnungskauf zu bekommen.
Es gibt zu dem Thema einen bemerkenswerten Satz: „Befristete Arbeitsverhältnisse dürfen unbefristete Arbeitsverhältnisse nicht einfach ersetzen.“ Er stammt nicht etwa von Gewerkschaften oder der SPD. Er steht wörtlich im gemeinsamen Programm, mit dem CDU und CSU in den letzten Bundestagswahlkampf gezogen sind. Dafür zu sorgen, dass Menschen, die täglich mit guter Arbeit zum Erfolg einer der stärksten Wirtschaftsnationen der Welt beitragen, zuversichtlicher in die Zukunft blicken können, wäre ein lohnendes Ziel für eine Große Koalition. In diesem Bereich eine vernünftige Regelung zu finden, könnte gerade auch den zaudernden SPD-Nachwuchs ein stückweit mit einer GroKo versöhnen.
Dass sich im Sondierungspapier von Union und SPD dazu bislang nichts findet, ist nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen für die Verhandlungen. Es ist nicht auszuschließen, dass sich beide Seiten längst darüber einig sind, sachgrundlose Befristungen deutlich einzuschränken. Und sich das Vorhaben wie ein Fass trockenen Pulvers auf Lager gelegt haben. Sodass es bei Koalitionsgesprächen schnell wieder hervorgeholt und als zündende Idee präsentiert werden kann.