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BERLIN/KÖLN
Eine Frage der Ehre
Ex-Kanzler Kohl fordert fünf Millionen Euro Schmerzensgeld       -  Die Kohl-Biografie könnte für den Autor Heribert Schwan Folgen haben. Ex-Kanzler Kohl fordert fünf Millionen Euro Schmerzensgeld.
Foto: Britta Pedersen, dpa | Die Kohl-Biografie könnte für den Autor Heribert Schwan Folgen haben. Ex-Kanzler Kohl fordert fünf Millionen Euro Schmerzensgeld.
Rudi Wais
Rudi Wais
 |  aktualisiert: 13.03.2016 03:25 Uhr

Helmut Kohl vergisst nicht – und er verzeiht auch nicht. Wenn das Landgericht Köln von heute an über die Klage des Altkanzlers gegen seinen früheren Ghostwriter Heribert Schwan, dessen Co-Autor Tilman Jens und den Verlag Random House verhandelt, geht es nicht nur um mindestens fünf Millionen Euro Schadenersatz, die er fordert.

Der 84-Jährige will offenbar auch das Bild jenes nachtragenden, zutiefst verbitterten und rachsüchtigen Menschen korrigieren, das Schwan in einem seiner Bücher von ihm zeichnet: In der Anklageschrift von Kohls Anwälten, aus der die „Bild“-Zeitung zitiert, ist von versuchter Geschichtsfälschung die Rede und von der historischen Dimension der Klage. Wörtlich heißt es darin: „Es gibt keinen vergleichbaren Fall, in dem ein lang gedienter Staatsmann in gleicher Weise derart hintergangen und durch Rechts- und Vertrauensbruch derart öffentlich bloßgestellt, vorgeführt und verspottet wurde.“

Vom Vertrauten zum Widersacher

Nach dem Ende von Kohls Kanzlerschaft und dem Spendenskandal der CDU war Schwan zeitweise einer der engsten Vertrauten des Pfälzers. Weit über 600 Stunden saßen beide zwischen März 2001 und Oktober 2002 in einem improvisierten Tonstudio im Keller von Kohls Bungalow in Oggersheim zusammen. In denen erzählte der Altkanzler dem WDR-Reporter aus seinem Leben – die Basis für Kohls Memoiren, die Schwan schreiben sollte und auch zu schreiben begann.

Warum genau beide sich später überworfen haben und welche Rolle Kohls Ehefrau Maike dabei spielte, ist bis heute nicht restlos geklärt. Auf jeden Fall entscheidet Schwan sich nach dem Zerwürfnis, aus seinen Tonbandprotokollen ein eigenes Werk mit dem plakativen Titel „Vermächtnis – die Kohl-Protokolle“ zu destillieren, in dem er und Jens vieles von dem ausbreiten, was Kohl damals im Hobbykeller im Vertrauen erzählt hatte. Es wird ein Buch voller Hass und Häme.

Sein treuer Sozialminister Norbert Blüm? „Ein Verräter.“ Der spätere Bundespräsident Christian Wulff, damals einer der jungen Wilden in der Union? „Eine Null.“ Der frühere Finanzminister Gerhard Stoltenberg? „Feige und falsch.“ Und Angela Merkel erst: „Wenig vom Charakter heimgesucht“ sei „die Dame“, findet Kohl. Zu Beginn ihrer Karriere, lästerte er einmal, habe die heutige Kanzlerin ja noch nicht einmal richtig mit Messer und Gabel essen können. Angeblich hat Kohl zu Schwan während ihrer gemeinsamen Sitzungen gesagt: „Irgendwo muss durchschimmern, dass all diese Leute das, was sie geworden sind, nur mit meiner Unterstützung geworden sind.“

Vertraglich, argumentiert das Kohl-Lager, sei der Auftragsschreiber Schwan zur Verschwiegenheit verpflichtet gewesen und hätte die Protokolle nicht ohne Rücksprache für ein eigenes Buch verwenden dürfen. Mit einer Reihe einstweiliger Verfügungen haben die Anwälte des Altkanzlers bereits die Herausgabe der Bänder erzwungen und die Veröffentlichung zahlreicher Zitate verbieten lassen. Vor dem Landgericht Köln geht es nun um den Schadenersatz und die Frage, ob Schwan auch die Kopien der Kohl-Protokolle noch herausrücken muss.

Angeblich hat er sie bei Freunden und Notaren sicher verwahrt, teilweise sogar im Ausland. „Kein Gerichtsvollzieher“, hat er zu Beginn des Streits erklärt, „wird sich der Dateien jemals bemächtigen.“

Die bislang höchste Summe, die ein deutsches Gericht einem Prominenten für eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte zugesprochen hat, sind die 635 000 Euro Schmerzensgeld, mit denen der Springer-Verlag den langjährigen Wettermoderator Jörg Kachelmann entschädigen musste; er war im Jahr 2011 in einem spektakulären Prozess vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden. Wie lange der Kohl-Prozess dauert, ist unklar. Nach Auskunft einer Gerichtssprecherin kann er bereits heute wieder zu Ende sein – wenn beide Seiten sich auf einen Vergleich einigen.

 
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